18.02.2014, 14:29
(18.02.2014, 11:34)Rabenaas schrieb: Kann mir mal jemand erklären, was Herr Friedrich in seinem ersten ZDF-Interview als Ex-Minister mitteilen wollte?Er möchte sagen, daß ihm da übel mitgespielt wurde und daß er sich im zumindest moralischen Recht sieht.
Nach allem, was ich bislang über die Affäre gelesen habe, ist es auch nicht unverständlich, daß er sich so fühlt. Im Oktober war der neu gewählte Deutsche Bundestag gerade dabei, sich zu konstituieren. Da wurden insoweit auch Ämter vergeben, innerhalb der Fraktionen sowie im Bundestagspräsidium. Herr Edathy hatte sich Anerkennung erworben durch die Leitung des NSU-Untersuchungsausschusses und einige Auftritte in politischen Talkrunden. Es war wohl nicht ausgeschlossen, daß er ein Amt übernehmen würde. In dieser Situation hat Friedrich als Innenminister die Tatsache, daß es Verdachtsmomente (nicht etwa strafrechtliche Ermittlungen, das konnte er noch gar nicht wissen) gegen Edathy gibt, an Gabriel im Vertrauen weitergegeben. Seine Motivation ist natürlich Spekulation. Das kann im Hinblick auch die anstehenden Koalitionsverhandlungen passiert sein oder um eine Amtsübernahme Edathys zu verhindern, von dem er dann später, wenn etwas öffentlich geworden wäre, hätte zurücktreten müssen.
Daß diese Vertrauliche Information von Gabriel zu Oppermann gelangt ist, mag noch nachvollziehbar sein. Edathy kein Amt zu geben, mag ja innerparteilich rechtfertigungsbedürftig gewesen sein. Weshalb aber Oppermann nun die vertrauliche Informierung Gabriels durch Friedrich in die Presse gegeben hat, bleibt auch mir unklar. - Die einzige Frage ist insoweit, ob diese Pressemitteilung wirklich mit Friedrich abgesprochen war. Falls ja, wäre Friedrich an seiner Situation selbst Schuld, falls nein, wurde ihm übel mitgespielt.
Ich gehe schon davon aus - ohne es genau zu wissen freilich -, daß Friedrich hier ein Amtsgeheimnis ungerechtfertigt und unter Verletzung der Persönlichkeitsrechte Edathys an Gabriel offenbart hat. Das rechtfertigt auch seinen Rücktritt. Aber das hätte eben niemals an die Öffentlichkeit kommen dürfen, das geböte das kollegiale Miteinander.
(18.02.2014, 13:29)tommy schrieb: Es wurden Politiker darüber Informiert, dass gegen Sebastian Edathy ermittelt wird. Ich finde es nur verständlich, dass sie das alles ohne großen rummel über die Bühne bringen wollten...aber es wurden doch weder Ermittlungen behindert, noch wurde Edathy gewarnt. Oder irre ich mich da?Daß gegen ihn ermittelt wird, wurde nicht weitergegeben, sondern in einem viel früheren Stadium, daß es Verdachtsmomente gibt. - Ob Edathy gewarnt wurde, ist derzeit eine offene Frage. M.E. kann dies aber kaum nötlig gewesen sein. Daß es eine Durchsuchung bei dieser kanadischen Firma, bei der er Kunde war, gab, dürfte er längst aus dem Internet erfahren haben. Allein das wird für ihn Grund genug gewesen sein, einen Rechtsanwalt einzuschalten und seine Datenträger zu vernichten oder beiseite zu schaffen, soweit da rechtswidriges oder auch nur zweifelhaftes Material vorhanden gewesen sein sollte.
(18.02.2014, 13:29)tommy schrieb: Aber warum er jetzt zurücktretetn musste wüsste ich jetzt auch ganz gerne.Wenn er ein Amtsgeheimnis rechtswidrig verraten hat, dann hat er sich strafbar gemacht. Es gibt Vorermittlungen gegen ihn. Und ein Minister unter einem solchen Verdacht ist eben schwerlich auszuhalten, zumindest eine Belastung. Spätestens staatsanwaltschaftliche Ermittlungen vertragen sich mit dem Amt eines Bundesministers eben sehr schlecht.
(18.02.2014, 13:41)Achwas schrieb: Was versteht dieser "Herr" unter "das Ansehen Deutschlands"?Der NSU-Prozeß wurde und wird international beobachtet und dazu gehört(e) auch der NSU-Untersuchungsausschuß. Edathy hatte also internationale Bekanntheit erlangt. Wenn eine solche Person unter dem Verdacht einer Sexualstraftat (und ob der daraus werden würde, konnte man ja damals noch nicht wissen) von einem Amt zurücktreten muß, wäre das wohl auch international beachtet worden - und nicht gerade ein Ruhmesblatt für den Deutschen Bundestag gewesen.
Aber ich finde auch, daß diese Befürchtungen übertrieben sind. Eine Verletzung des Amtsgeheimnisses rechtfertigt sich durch die eher vage Gefahr eines - wohl auch nicht so gravierenden - Ansehensverlustes wohl eher nicht.
(18.02.2014, 13:41)Achwas schrieb: Der Kerl tritt als Landwirtschaftsminister zurück, weil er als Innenminister... hmm, ja was?Ja und? Wulff ist auch als Bundespräsident zurückgetreten, weil gegen ihn wegen Verfehlungen aus seiner Zeit als Ministerpräsident ermittelt wurde. Und Arbeitsminister Jung ist zurückgetreten, weil ihm Verfehlungen aus seiner Zeit als Verteidigungsminister vorgeworfen wurden. Daß die Taten aus früherer Tätigkeit beim Amtswechsel nicht alle vergeben und vergessen sind, ist ganz normal. Und das halte ich auch für richtig.
(18.02.2014, 13:41)Achwas schrieb: Und wird nun aber wiederrum stellv. Fraktionsvize... Hä?Ach naja, das dient der Gesichtswahrung der CSU. Da spielt Loyalität wohl eine ganz besondere Rolle. Sie hat ja auch bis zum bitteren Ende und darüber hinaus an zu Guttenberg festgehalten. Manch einer hätte ihn am liebsten gleich wieder zur Wahl aufgestellt.
"Haut die Säbel auffe Schnäbel."