25.09.2011, 18:52
(25.09.2011, 17:50)Calesca schrieb: Du kannst kein geltendes Recht zu Unrecht erklären, nur weil es mit deiner Weltanschauung nicht übereinstimmt.Es gibt auch gesetzliches Unrecht. Das kann solche Ausmaße annehmen, daß der Richter es nicht mehr anwenden darf oder muß. Das ist aber erst dort der Fall, wo ein Gesetz "unerträglich ungerecht" ist oder die Gerechtigkeit nichteinmal anstrebt (siehe Radbruch'sche Formel). Ich denke, davon sind wir im Falle der Todesstrafe in den USA aber noch ein Stück entfernt.
Rechtsstaat und Unrechtsstaat sind letztlich auch eine graduelle Frage. Irgendwann ist zwar eindeutig die Schwelle zum Unrechtsstaat überschritten (Drittes Reich, Nordkorea, Myanmar) und andere Staaten sind offenkundig Rechtsstaaten (Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Finnland). Aber es gibt eben auch viele Zwischenstufen, wo - nach hier wohl überwiegendem Verständnis - ein "Rechtsstaat mit Mängeln" besteht. Ob er in Summe noch ein Rechtsstaat ist oder schon ein Unrechtsstaat, das ist im Einzelfall eine schwierige Entscheidung, die in den USA, Rußland, Italien und vielen, vielen anderen Staaten der Welt sicher diskutabel ist. Ich wäre mit der Bezeichnung Unrechtsstaat immer sehr zurückhaltend, würde aber an echte Rechtsstaatlichkeit auf der anderen Seite auch hohe Anforderungen stellen. Insofern sehe ich viele Staaten als irgendwo zwischen diesen Extremen liegend.
"Haut die Säbel auffe Schnäbel."