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Bedingungsloses Grundeinkommen
(26.02.2009, 15:41)Wolverine schrieb: Ja wie jetzt, entweder sie zahlen alle einen Beitrag oder nicht, Du widersprichst Dir hier selbst direkt hintereinander. Einen Beitrag, den ich postwendend zurückerhalte, kann ich doch nicht als Beitrag für die Solidargemeinschaft werten ? Das ist doch absurd ?
Doch, klar! Wenn du nur dein Grundeinkommen komplett ausgibst, hast du es schon wieder zu 50% finanziert. Das ist der Beitrag des "Schwachen" - und zwar des Allerschwächsten! (Ich denke, 1000 Euro können die meisten ohne Probleme ausgeben.) Und das ist natürlich auch als Beitrag zur Solidargemeinschaft zu zählen! Denn erstens gehörst du selbst auch dazu und zweitens müssen die "Starken" ihrerseits nur noch die Hälfte deines Grundeinkommens zahlen. Insofern zeigt auch mit einem Grundeinkommen der Schwache sich den Stärkeren gegenüber solidarisch.
Ein Sozialhilfeempfänger trägt im Gegensatz dazu kaum etwas zu seiner Sozialhilfe bei, weil er kein Einkommen hat!

Abgesehen davon, ist es auf jeden Fall unwahr, dass sie von vornherein nichts zahlen. Das muss man schon differenzieren. Auch wenn es nichts oder nur wenig ausmacht, seinen Beitrag soll jeder leisten. Darum geht es doch nach deinem Begriff von Solidarität, oder? (Den ich hier nicht kritisiere, falls du das so interpretierst.)

Zitat:Und von Solidarität scheinen wir unterschiedliche Definitionen zu haben: Für mich bedeutet Solidarität, dass sich jeder gemäß seiner absoluten Leistungsfähigkeit am Gemeinwohl beteiligt. Die Schwachen weniger, die Starken mehr. Für dich bedeutet Solidarität, dass die Starken für die "relativ" Schwachen zahlen, und das man bei Bedarf die "relativ" Schwachen einfach umdefinieren kann, wie Du es oben ja auch gleich möchtest. Ich habe aber grundsätzliche Bedenken gegen eine Armutsdefinition allein auf relativer Basis
Ich sagte, Armut wird durch das Grundeinkommen abgeschafft. Es geht mir nicht um eine neue Definition von Solidarität, sondern um die derzeitige Definition des "Schwächeren". Denn dieser Begriff ist ein relativer! Insofern ist "neu festgelegt" natürlich Quatsch; es rutschen (eventuell) einfach andere Leute in diese Schublade hinein. Möglicherweise wird sie voller. Und wie gesagt, die "Schwächeren" zahlen ja ihre Konsumsteuer, also ihren Beitrag.

"und das man bei Bedarf die "relativ" Schwachen einfach umdefinieren kann" steht übrigens nicht mehr in meiner Definition. ;) Die war nur ganz grob dieser Satz: "Solidarität heißt doch, dass die Stärkeren die Schwächeren entlasten?"
Ob die "sozial Schwachen" (Unwort!) auch ihren Anteil leisten, ist dafür erstmal unerheblich. Denn egal ob sie das tun oder nicht: Sie bekommen mehr raus, als sie einzahlen. (Oder sollten das zumindest; dazu wieder das Stichwort "negative Einkommensteuer", um die genannten Geringverdiener miteinzubeziehen.)
(Aber was solidarisch ist oder nicht, wo die Unterschiede zwischen Solidarität allgemein und dem Solidaritätsprinzip des Sozialstaats liegen und was davon man mit einem Grundeinkommen eventuell neu überdenken müsste, will ich hier eigentlich nicht diskutieren. Jedenfalls im Moment nicht. Unsere Diskussion ist sowieso schon zu umfangreich, das wäre mir einfach zu viel.
Aber spontan würde ich dennoch erst einmal behaupten, dass das auch gar nicht die Frage ist. Denn dieses Solidaritätsprinzip soll doch nur "soziale Gerechtigkeit" schaffen. Und ehrlich gesagt fällt mir nichts ein, was sozial gerechter wäre, als ein Grundeinkommen.)


Zitat:Ganz einfach ersteres: Unsere Altvorderen mussten auch erst jagen gehen, bevor sie was zu futtern hatten.
Stimmt. Du verwendest zurecht das Präteritum, denn du redest vom Mittelater, von Selbstversorgern. ;) Niemand muss heute selbst jagen gehen. Das entspricht längst nicht mehr der Realität. Mit diesem Vergleich lieferst du den besten Beweis, dass unser Bewusstsein noch nicht in der Fremdversorgung angekommen ist. Auch der Vergleich funktioniert nicht. Es ist absurd, dieses Prinzip auf heute zu übertragen. Wie gesagt: Die Ansicht, dass wir für uns selbst arbeiten, ist ebenfalls ein Überbleibsel aus vergangenen Tagen.
Zitat:Wir bekommen nur (wie übrigens alle andern Säugetiere auch) von unserer Eltern(generation) jeweils einen Vorschuss, bis wir selbst für uns sorgen können, und zahlen den in Form von Rente zurück und gewähren ihn unseren Kindern aufs Neue.
Gut, dass du es sagst. Das, was wir bekommen, wenn wir zuerst noch nicht und später nicht mehr arbeiten, ist für uns auch eine Art Grundeinkommen. Und werden wir deswegen faul? Nicht mal als Rentner, wo es gesellschaftlich voll akzeptiert wäre!

Zitat:in der die Preise stabil bleiben, indem die heutigen Einkommensteuern weitgehend aufkommensneutral in Konsumsteuern umgewandelt werden, sodass sich für den Unternehmer nichts wirklich ändert. Das hat aber auch zur Folge, das die Löhne gleichbleiben, und zwar die Nettolöhne. Da sich zudem Götz Werner in mehreren Filmen schon dahingehend geäußert hat, das die Löhne insgesamt etwas sinken müssten, da sie nicht mehr zur Existenzsicherung benötig werden, können wir folgende Rechnung aufmachen. Wer sagen wir heute 20€/h brutto und damit ~ 12€/h netto verdient, erhält in Zukunft 10€/h brutto und 10€/h netto bei einem konstanten Preisniveau für Güter und Dienstleistungen.
Kannst du mir mal eine Stelle nennen, an der er das gesagt hat? Ich hab das so nämlich nicht in Erinnerung. Was er auf jeden Fall sagt, ist, dass die Löhne durch das Grundeinkommen substituiert werden, also aus 20€ brutto und 12€ netto werden 12€ brutto und netto. Wieso davon wieder etwas abgezogen werden soll, verstehe ich nicht. Ich habe auch schon oft genug gelesen oder gehört, dass die Arbeitgeber die Löhne sogar erhöhen könnten, da sie ja wesentlich geringere Ausgaben pro Arbeitsplatz haben, nicht nur die Brutto-Netto-Differenz. Daher die Bitte um eine Quelle.


(26.02.2009, 16:18)Wolverine schrieb:
(26.02.2009, 06:50)Boneman schrieb: Du kannst einen Sozialhilfeempfänger nicht mit jemandem vergleichen, der ein Grundeinkommen hat. Dazwischen liegen Welten. Die meisten Leute, die sich bloß in der Position sehen, dass sie eines Tages Sozialhilfe beantragen müssen könnten, weil es gerade nicht so gut läuft, dürften schon unter nicht zu unterschätzenden psychischen Belastungen leiden, obwohl es noch nicht mal so weit ist. Ich spare mir weitere Ausführungen, das wird sonst zu viel.
Du argumentierst nicht ganz sauber hier: Ich betrachte die Situation der bereits Bedürftigen, Du argumentierst mit Leuten, die es eventuell werden können. Ich betrachte aber ersteres als wesentlich entscheidender, weil sich damit auch letzteres beheben lässt.
Vielleicht hätte ich mir die Ausführungen doch nicht sparen sollen. ;)

Das eine geht dem anderen doch voraus. Und wenn es am Rand der Arbeitslosigkeit schon so schlimm ist, wird es anschließend darin mit Sicherheit nicht besser. Dieses "bloß" sollte das deutlich machen. Die Gruppe der Gerade-noch-nicht-Arbeitslosen kommt noch dazu!

Es stimmt, das Menschen Anreize brauchen, aber doch nicht Geld! Man kann niemanden mit "genug" Geld an der Stange halten. Man muss ihn damit überschütten oder es ihm wegnehmen. Dann funktioniert das. Aber nur scheinbar, denn beide Strategien gehen auf Dauer komplett schief. Vor allem für den Einzelnen.

Der psychischen Belastung vor der Arbeitslosigkeit folgt die in der Arbeitslosigkeit. Wer sich vorher schon den Allerwertesten aufgerissen hat (das haben deine Bekannten bestimmt alle) und es hat nichts gebracht, dem wird es jetzt erst recht nichts bringen. Die Leute, die du kennengelernt hast, sind allenfalls realistisch. Wer einmal Hartz IV hat, kommt da nicht mehr so schnell raus. Der musste nämlich bereits alle (nicht nur finanziellen) Brücken zu einem normalen Leben abbrechen. Dass die Leute darauf mit Resignation reagieren, ist natürlich. Ihnen das als Vorwurf hinzuhalten, sie würden sich nicht genug anstrengen oder ihre Lage jetzt ausnutzen, ist einfach nur menschenverachtend!

Zitat:Und wieso kann ich nicht vergleichen ? Für die meissten Menschen zählt im wesentlichen nur ihr Mikrokosmos, ihre persönliche Situation und ihr Umfeld. Und sowohl bei Hartz IV als auch beim BGE bekommen sie Geld für ihren Lebensunterhalt ohne Gegenleistung.
Für Hartz IV bekommen sie ihren Lebensunterhalt ohne Gegenleistung? Über diese Aussage würde ich aber nochmal nachdenken...

Zitat:Also meine Lebenserfahrung sagt mir, dass einen die Intuition viel seltener täuscht, als man gemeinhin glaubt, da sie auch auf das ganze passiv gespeicherte Wissen zurückgreifen kann, und daher aus dem Verhaten der Menschen in der Vergangenheit ganz gut das in der Zukunft abschätzen kann. Was natürlich immer notwendig ist, ist, das man alle notwendigen Informationen hat. Verstanden haben muss man das alles gar nicht mal unbedingt.
Genau. Aber die Intuition versteht das sehr wohl. Nur der Verstand halt nicht (wenn man ihn als das Gegenstück zur Intuition sieht). Sie hat den bestmöglichen Schluss aus den ihr zur Verfügung stehenden Informationen bereits gezogen und urteilt auf dieser Basis. Deshalb täuscht sich die Intuition auch so selten, weil immer das aus ihrer Sicht bestmögliche Ergebnis herauskommt (eine gesunde Intuition vorausgesetzt). Nur kann sich das, wie gesagt, mit einem einzigen Satz neuen Inputs schlagartig ändern. Dann ist vielleicht etwas komplett anderes das bestmögliche Ergebnis?
Vielleicht ist deine Intuition schon weiter als meine, vielleicht auch andersrum. Für viel wahrscheinlicher halte ich es, dass wir beide noch längst nicht alle Faktoren kennen und somit einfach keine 100%ig zuverlässige Voraussage treffen können. Auch wenn wir unsere bisherigen bestmöglichen Ergebnisse für die bestmöglichen überhaupt halten.
Die Diskussion triftet hier zu sehr ins "Meta" ab. Ich finde es aber trotzdem wichtig, dass man das erkennt (und bitte auch nicht für Ausflüchte hält; wir können uns gerne noch monatelang unsere Standpunkte um die Ohren hauen, wenn du das unbedingt willst - sollten dann aber vielleicht an einem neuen Ausgangspunkt starten... ;)).

Zitat:
(26.02.2009, 06:50)Boneman schrieb: Ich antworte mal auf diese Frage: Nein, aber an der Supermarktkasse bedienen lassen, um mal eine Dienstleistung zu nennen... Und was die Güter angeht, würde ich schon ein von Rentnern geflochtenes Weidenkörbchen kaufen. Um mal ein Gut zu nennen. ;)
Nein, Spaß beiseite. Es ist wohl klar, dass es in beiden Bereichen sowohl Dinge gibt, die ein Rentner erledigen kann, als auch solche, die man einen Rentner besser nicht machen lässt. (Kinderarbeit steht ja sowieso außer Frage.)
Führt diese Diskussion noch irgendwohin ?
Nein. Wir drehen uns total im Kreis. Die ganze Zeit schon. Wir plädieren beide dafür, dass man einmal innehält und versucht, die "andere" Seite zu betrachten. Der eine wirft dem anderen vor, er würde das Ganze nicht sehen und nur einseitig argumentieren. Das ist irgendwie logisch, da ja jeder von uns bereits seine Meinung hat und diese natürlich vertritt. Daher war von vorneherein klar, dass wir uns wahrscheinlich nicht einigen werden. Vor allem gelingt es uns offensichtlich beiden nicht, dem anderen klar zu machen, wo genau er die Probleme sieht; oder zu erkennen, dass das bereits gelungen ist. Wir verlieren uns in unnötigem Streit. Denn es liegt in der Natur der Sache, dass nicht entscheidbar ist, wer Recht hat, da wir über die Zukunft reden. Wir können beide Recht haben, oder auch beide komplett falsch liegen. Es gibt Indizien (sowohl Erfahrungen aus der Vergangenheit, als auch anders geprägte Intuition) dafür, dass es laufen wird, wie du es dir vorstellst, und es gibt Indizien, dass es so laufen wird, wie ich es mir vorstelle.
Deshalb kann diese Diskussion auch nicht das Ziel haben, den anderen zu überzeugen, sondern lediglich die eigenen Ansichten auf den Tisch zu legen, damit sich insgesamt - ganz intuitiv - ein neues, besseres Gesamtbild ergibt. Somit ist es auch nicht schlimm, wenn die Argumente ausgehen - natürlich tun sie das zwangsläufig, denn irgendwann ist alles gesagt.

Ich starte einen letzten Versuch, dir meinen Standpunkt deutlicher zu machen:
Zitat:Die Menge an Geld in der Tasche und die Menge an Zeug, die man sich davon leisten kann, sind alles entscheidend. Also ich halte das für sehr wohl vergleichbar.
Und noch etwas: Für viele Menschen wäre es aufgrund der Höhe des BGEs viel einfacher, von ihrem Job abzuspringen, wenn
Zitat: es gerade nicht so gut läuft
, obwohl es in den meissten Fällen sinnvoller ist, zu kämpfen und zu versuchen, die Durststrecke durchzuhalten.
Das hat mit Persönlichkeitsentwicklung und so weiter zu tun, nicht mit Erwerbsarbeit. Niemand hat etwas gegen Herausforderungen. Auch in einem Job, der genau dein Ding ist, wirst du Durststrecken erfahren. Aber dort lohnt es sich viel mehr, diese Herausforderung anzunehmen. Das finde ich jetzt wieder zu kurzsichtig, zu behaupten, dass die Mehrheit der Leute generell den Schwanz einziehen würde, wenn sie die Gelegenheit dazu hätte. (Das tut man höchstens(!) dann, wenn man nicht das Richtige für sich gefunden hat und dann finde ich das aus diversen Gründen auch berechtigt.)
Anderer Ansatz, psychologischer: Würdest du das tun? Und wie würdest du dich fühlen, wenn du das zum dritten, vierten, fünften Mal so machst? Oder wie wäre es, wenn du arbeitlos und Sozialhilfeempfänger wärst und würdest solche Aussagen über dich lesen?
Nicht gut fürs Selbstbewusstsein, würde ich tippen.

Du teilst also letzten Endes auch die Meinung derer, die sagen, dass man den Menschen bevormunden und ihn unter Strafandrohung zur Arbeit zwingen muss (nenn es meinetwegen "Anreize", wenn dir dieser Begriff moralisch angenehmer erscheint)? Dass Menschen nicht frei entscheiden dürfen, damit die Gesellschaft und - Achtung: - das System nicht zusammenbricht? (Tut mir Leid, dass ich so viel in deine Aussage hineininterpretiere, aber meine Intuition sagt mir, dass es darauf hinausläuft... ;))
(Mmh... ich könnte jetzt sagen: Menschen sind nicht so. Das habe ich aber schon oft genug versucht, zu vermitteln. Deshalb probiere ich jetzt mal eine andere, provokantere Schiene und sage:)
Das soll es doch! Das jetzige gesellschaftliche System des Misstrauens und der Bevormundung soll weg. Mit der Diskussion um das Grundeinkommen soll allerdings verhindert werden, dass die Einsicht erst nach dem Zusammenbruch kommt. Dass das klappt, ist offensichtlich mehr als fraglich... :confused:

Es bringt niemanden um, wenn er nicht mehr vorgeschrieben bekommt, was er zu tun hat. Insbesondere verhungert niemand, nur weil ein anderer nicht mehr gezwungen wird, alle zu ernähren. Es wird zwar eine große Herausforderung, dass plötzlich alle Menschen selber entscheiden dürfen, was sie für richtig halten, aber dass sie das nicht könnten, ist einfach Unsinn. Denn bisher haben sie es ja auch getan! Nur war das immer eine kleine Elite, die diese Freiheit auch gleich ausgenutzt hat, um anderen ihren Willen und ihre Ansichten aufzuzwingen. Das zieht sich durch die gesamte Menschheitsgeschichte. Auch der Sozialismus (das System!) hatte nicht das Ziel, das seine Bürger wirklich frei sind. Das traut sich die Elite einfach nicht. Vielleicht bietet auch ein Grundeinkommen nicht die Freiheit, die der einzelne Mensch bräuchte, aber es untergräbt zumindest den Einfluss dieser Elite, weil jeder fortan die Möglichkeit hätte, mitzudenken und zu gestalten.
Zitat:Für die meissten Menschen zählt im wesentlichen nur ihr Mikrokosmos, ihre persönliche Situation und ihr Umfeld.
Ja! Genau! Aber diese Haltung hat sich aus einer Notwendigkeit entwickelt! Und genau diese Haltung soll abgeschafft werden! Vielleicht liegt das schwer zu Begreifende darin, dass ein Grundeinkommen das besser kann als andere Ideen, weil es nicht "den Stamm absägen" will, sondern "die Wurzel herausreißen". Die Freiheit, die ein Grundeinkommen jedem Einzelnen bietet, beseitigt die Notwendigkeit dieser Haltung, die du an den Menschen heute kritisierst und als Beleg dafür anführst, dass ein Grundeinkommen nicht funktionieren würde!


Zitat:Ja, da bin ich mir sicher. Ich bin in meinem Leben schon einigen Dutzend Sozialhilfeempfängern begegnet, einige kannte ich schon vor ihrer Hilfsbedürftigkeit. Und ich habe miterlebt, dass es keinem Menschen guttut, wenn er ausreichende Leistungen für sorgenfreies Leben mit begrenztem Luxus erhält und sich fallenlassen kann.
Ich beziehe mich noch einmal auf dieses Zitat. Stellen wir und das mal bei einem Grundeinkommen vor. Ich halte es nämlich durchaus für möglich - eher noch für wahrscheinlich -, dass einige Leute tatsächlich aufhören würden zu arbeiten. Das ist aber nur eine ganz bestimmte Gruppe und diejenigen, die auch heute nicht arbeiten, zähle ich explizit nicht dazu. Stattdessen aber diejenigen, die irgendeinen "Scheißjob" machen, weil sie um ihre Existenz kämpfen müssen (auch die, die gar nicht mal so ganz knapp am Abgrund stehen). Die würden bestimmt erst einmal alles hinwerfen und die Gelegenheit nutzen, sich neu zu orientieren und das Leben neu zu erlernen. Aber die tun das nicht, weil sie sich der Gesellschaft entziehen wollen. Im Gegenteil: Die wollen daran teilnehmen! Sie tun das auch nicht, weil sie denken: "So, das war's! Dankeschön, ich nehm das Geld und ihr könnt mich mal". Sondern aus Erleichterung!

Ein Beispiel im Kleinen: Du (oder auch ich) arbeitest 12 Stunden am Tag und 6 Tage die Woche als <beliebige unangenehme Arbeit hier einsetzen>, um über die Runden zu kommen. Du hasst diesen Job abgrundtief, musst ihn aber machen, weil du als Hartz-IV-Empfänger die Wahl nicht hast und sonst von Leistungskürzungen bedroht bist. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass du schon mehrere Jahre in dieser Situation bist. Und wenn du die ganze Zeit über diesen oder einen anderen Job hattest, geht's dir noch vergleichsweise gut. (Wenn du willst, stell dir noch vor, du wärst alleinerziehend mit einem Kind, das du mit 200 Euro pro Monat (passt das?) versorgen musst - um das Elend perfekt zu machen.)
Jetzt sag mir nicht, du würdest einen Tag, nachdem du Hartz IV los bist und dein erstes Grundeinkommen überwiesen bekommen hast, morgens voller Tatendrang aufstehen und weiter zu deiner Arbeit gehen? Oder dich sofort im Internet auf die Suche nach einer besseren machen?
Ich würde erstmal gar nix (was ist das eigentlich, "gar nix"?) mehr machen, sondern mich mindestens ein halbes Jahr ausgiebigst nur um mich kümmern (bzw. um mich und mein Kind). Warum? Nicht weil ich der Gesellschaft eins reinwürgen will. Was hätte ich davon? Natürlich hab ich nen Riesenhass, aber ich bin jetzt erst einmal erleichtert! Und wenn diese Erleichterung abgeklungen ist, dann sehe ich ein (zwei) Grundeinkommen, das jeden Monat auf mein Konto überwiesen wird und von dem ich (mit meinem Kind) entspannt und ohne Stress (das ist das wichtige!) leben kann. Dann werde ich ein weiteres halbes Jahr investieren, um mich neu zu orientieren und herauszufinden, was ich eigentlich wirklich machen will. Vielleicht erinnere ich mich daran, was ich früher mal gemacht habe, vielleicht war das aber auch schon nicht so toll und ich muss etwas ganz neues finden. Wenn ich ein Kind habe, würde ich sonst vielleicht die erste Zeit gar nichts mehr machen. Die Aufgabe, ein Kind großzuziehen erscheint mit wertvoll genug.
(Dieses Beispiel funktioniert auch, wenn du dir die Hartz-IV-Abhängigkeit wegdenkst und einen einfachen Geringverdiener nimmst.)
Great people care.
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