05.10.2025, 09:06
Unterwegs mit Zwergen #52
(Versatzstücke)
Der lange Bogen nach Thorwal
(Kurzversion)
Manrin – Wartezeit
Vier Tage blieben sie in Manrin, und doch war es keine Zeit, die sich füllte, sondern eine, die sich dehnte. Die Tage im Hafenviertel waren bestimmt vom Warten, vom Schlendern über denselben Markt, vom Wiederholen derselben Gespräche. Abends saßen sie in der Herberge am Hafen, die Fenster zur See hinaus, und sahen die Boote schaukeln, während der Wind die Masten zum Knarren brachte.
Es war eine Pause ohne Erholung – eher das gespannte Innehalten vor der Weiterfahrt.
Überfahrt nach Prem
Schließlich legte ein solides Handelsschiff ab – nicht neu, nicht elegant, aber mit guter Fahrt am Wind. Fünf Tage trug es sie südwärts. Die Nächte vergingen mit Kartenspiel, Geschichten und für Althea mit der langsamen Rückkehr ihrer magischen Kraft. Die Tage waren lang, eintönig, ein Rhythmus von Wachen, Wellen, Mahlzeiten, wieder Wellen.
Erst als das Schiff um die Halbinsel bog und durch die Strömung zwischen der Insel Runin und dem Festland gezwungen wurde, kam Unruhe auf. Der Nord-Süd-Strom drückte hart gegen den Rumpf, das Schiff legte sich schräg, und die Wellen kamen quer.
„Mir ist übel …“, brummte Hurdin.
„Und mir noch mehr!“, keuchte Tondar, bleich wie Kreide.
Zum ersten Mal auf der Fahrt packte die Seekrankheit die Zwerge mit voller Härte.
Am Ende aber, nach durchgestandener Schaukelei, lag Prem vor ihnen. Als sie die Reling hinter sich ließen, stöhnte Hurdin nur:
„Nie wieder Schiffe.“
Ein Satz, den alle sofort unterschrieben.
Prem – Drei Nächte
Drei Nächte Rast im Hafen von Prem: Marktplatz, Tavernen, Tempel. Sie spendeten überzähligen Proviant im Travia-Tempel und spürten für einen Moment die Wärme der Göttin, mitten im Gewimmel der Stadt. Aber lange verweilen durften sie nicht – das nächste Schiff wartete bereits.
Und dort lag es schon wieder am Kai: derselbe alte Seelenverkäufer, der sie schon einmal über den Golf getragen hatte. Niemand nannte ihn beim Namen, aber jeder erkannte sofort die schiefe Takelage, das knarrende Deck, den Geruch nach Salz und Schimmel. Es war, als ob dieses Schiff unausweichlich Teil ihrer Wege geworden wäre – ein schicksalhaftes Vehikel zwischen Prem und Thorwal.
Überfahrt nach Thorwal
Dann begann die eigentliche Tortur: fünf Tage stampfend gegen die Wellen.
Noch am Kai hatte Archon versucht, Mut zu machen:
„Das schafft ihr auch noch.“
Keldi zog nur eine Braue hoch: „Neben dem Krakenmolch?“
Kaum war die Küste verschwunden, brach die Wirklichkeit los. Tentakel schossen aus den Fluten, Althea wurde von einem kalten, glitschigen Arm gepackt, Furka riss sie frei und kämpfte selbst gegen den Griff. Dann wieder Althea – diesmal war es Keldi, der sich gegen den Sog zur Bordwand stemmte. Schließlich schlängelte ein weiterer Arm hinauf zum Mast, wo Archon sich verschanzt hatte. Gemeinsam schlugen sie das Ungetüm zurück, bis das Meer sich wieder glättete.
Die restliche Fahrt war ein dumpfes Stampfen, und diesmal war es nicht nur Seekrankheit, sondern die Erinnerung an den Griff aus der Tiefe, die ihnen den Magen umdrehte. Und immer wieder das Gefühl: Dieses verdammte Schiff bringt uns um.
Thorwal – Drei Nächte
Am frühen Morgen des 10. Rahja liefen sie in Thorwal ein. Der Nebel hing über dem Wasser, Möwen kreischten, und die schwarzen Dächer der Stadt reckten sich gegen den Himmel.
Drei Tage blieben sie: Geschäfte, Tempel, Spiele, Schenken.
Und doch war es mehr als nur Rast – es war ein erleichtertes Ankommen nach dem langen Bogen der Reise. Die Tentakel des Molchs lagen hinter ihnen, und die Namenlosen Tage noch vor ihnen. Für einen kurzen Augenblick fühlte sich Thorwal wie eine sichere Bucht an.
──────────────────────────────────
Prem hatte sie wieder.
Der Aufstieg zur Klippe zog sich steil hinauf, bis zur Trutzburg – über der, zur vollen Stunde, die Wasserfontäne aus dem Swafnirtempel wie ein Schleier in die Dunkelheit stieg. Manrin war bereits verblasst, wie ein Ort aus einem anderen Leben.
In der Zur Trutz empfing sie der Wirt mit einem breiten Grinsen, wies ihnen dieselben Zimmer zu – wieder mit Blick über Dächer und Hafen.
Am nächsten Morgen schleppten sie die Bündel mit der Beute der Piraten hinunter in die Stadt. Storko von Gollbritz, Herm Jurgasvalsson und zuletzt der Einbeinige nahmen die Funde in Augenschein, prüften, feilschten, bezahlten.
Auf dem Rückweg bogen die Zwerge und Erwo zu den Hjalskes ab, während Althea, gedankenverloren, das Amulett zwischen den Fingern drehte, das sie im Gepäck Furkas entdeckt hatte…
Am Abend blieb sie verschwunden.
Die anderen saßen in der Stube und probierten eine Flasche Premer Feuer – das Lachen und der Brand im Hals übertönten für ein paar Stunden jede Frage, wohin sie gegangen war.
(Streiflichter)
Der Hafenmarkt von Prem brodelte wie ein Kessel, in dem jede Zutat aus einer anderen Himmelsrichtung kam. Händler aus Thorwal, Olport, sogar aus Al’Anfa drängten sich unter Planendächern, die im Wind flatterten. Zwischen den Ständen roch es nach geräuchertem Lachs, gebratenen Muscheln und dem schweren Duft südländischer Gewürze – Safran, Zimt, Kreuzkümmel – die auf staubigen Tüchern ausgebreitet lagen.
Ein Schlitzohr mit rotgebundenem Zopf pries lautstark „echtes maraskanisches Kaffeegewürz“ an, während nebenan ein alter Olporter in grobem Wollmantel seine Fässer Hering mit dem finsteren Blick eines Mannes verkaufte, der schon mehr Winter gesehen hatte, als er zählen konnte.
Keldi stand knurrend vor einem Waffenschmied, der ihm eine handvoll Bolzen anbot, deren Spitzen im Licht bläulich schimmerten. Furka dagegen hatte sich bereits an einen Stand gedrängt, an dem kleine Teigfladen in siedendem Öl schwammen – er kaute, noch ehe er bezahlt hatte. Archon verschwand zwischen zwei Ständen, angelockt von einem Kräuterhändler, dessen Kisten voll getrockneter Blätter und glänzender Wurzeln den Duft von fernen Küsten verströmten.
Althea blieb vor einem wettergegerbten Mann mit Rollen feinen Pergaments stehen. Die Karten darauf zeigten nicht nur Küstenlinien und Strömungen, sondern winzige handgemalte Symbole für Strudel, Riffe und „ungemütliche Ankerplätze“. Seine Stimme war leise, aber eindringlich, als er ihr erklärte, dass manche Stellen der See nur im richtigen Mondlicht zu lesen seien – „und das, meine Dame, steht hier.“
Als sie sich später wiederfanden, jeder mit einer anderen Kostbarkeit unter dem Arm, brandete vom Anleger her das Rufen der Hafenarbeiter herüber. Das Meer war noch fern, aber Prem roch und klang, als stünde es mitten auf dem Platz.
Vier Tage lang hatte Prem sie genährt wie ein schwerer, warmer Mantel – Märkte voller Stimmen, Tavernen, in denen der Rauch der Feuerstellen noch lange nach dem letzten Krug in den Kleidern hing, und Nächte, in denen der Blick von der Trutzburg über das schwarze Wasser bis zu den blinkenden Leuchtfeuern reichte.
Am Abend vor der Abreise kam Erwo breit grinsend in die Stube der Herberge. Er ließ sich Zeit, zog den Moment hinaus, bis alle Augen auf ihm ruhten.
„Ich habe eine Passage für uns. Solides Schiff, sagt der Kapitän. Legt bei Morgengrauen ab.“
Es brauchte nur einen Blick – und die Gesichter erstarrten wie in stiller Übereinkunft.
Tondar griff an seinen Gürtel, zog die Klinge aus der Scheide und prüfte die Schneide mit dem Daumen, als wollte er sicherstellen, dass sie noch scharf genug für alles sei, was kommen mochte.
„Krakenmolchwache, erster Tag, ich“, knurrte Furka und zog damit nur ein kurzes, trockenes Lachen der anderen auf sich.
Draußen über Prem rauschte die Brandung gegen den Kai, und irgendwo im Hafen schlug ein Tau dumpf gegen einen Mast. Der Wind trug den Geruch von Salz und Teer herein – und das Versprechen einer Überfahrt, die niemand je ganz vergessen würde.
──────────────────────────────────
Der Angriff des Krakenmolchs kam kurz nach der Ausfahrt, Althea lehnte an der Reling, als sie plötzlich von einem Tentakel umschlungen wurde. Furka wrang sie frei und musste dann selbst mit dem Tentakel kämpfen. Noch während sie wieder auf die Beine kam, griff ein weiterer Tentakel nach Althea. Diesmal war es Keldi, der der Tentakel von ihr zog, aber seinerseits Richtung Bordwand gezogen wurde... Nachdem alle Tentakel mit vereinten Kräften zurück ins Meer getrieben hatten, schlängelte ein weiterer Tentakel von der anderen Bordseite zu Mast an dem Archon sich in Sicherheit gebracht hatte...
Am frühen morgen des 10. Rahja, gingen sie in Thorwal von Land.
──────────────────────────────────
Ankunft
Am frühen Morgen des 10. Rahja lief das Schiff in den Hafen von Thorwal ein. Nebel hing noch über dem Wasser, Möwen kreischten zwischen den Rahen, und über den Dächern der Stadt stieg bereits der Rauch unzähliger Herdfeuer auf.
Die Gruppe quartierte sich im „Enterhaken“ ein – eine unscheinbare Herberge im östlichen Tavernenviertel. Drei Zimmer entlang des Hofes wurden bezogen, gerade so viel Ruhe und Anonymität, wie man nach den Tagen auf See brauchte.
Tag 1
Magistrat & Zeughaus: Ein offizieller Gang – Formularien, etwas Gedränge, und im Zeughaus das Nötigste für den Alltag: ein Hemd für Althea, Schuhe für Hurdin.
Markt & Beilunker Reiter: Furka, Tondar, Hurdin, Archon und Erwo verloren sich im Gewimmel des Marktes, zwischen geräucherten Fischen, Salzballen und Fässern voller Hering. Erwo blieb schließlich bei den Beilunker Reitern hängen – den Boten des Reiches, die auf schnellen Pferden Nachrichten bis in den tiefsten Süden trugen.
Travia-Tempel & Bankhaus: Althea und Keldi besuchten den Tempel, wo der Handelsagent der Familie noch immer seinen Sitz hatte. Hier wurden die 400 Dukaten sicher im Bankhaus eingezahlt – ein Stück Ordnung im Wirbel der Reise.
Immanstadion: Am Nachmittag füllten sich die Ränge. Orkan Thorwal fegte die Festumer Wiesel vom Feld, 23:1, ein rauschendes Fest der Gewalt und des Beifalls.
Tag 2
Eisenhöfe: Die Zwerge und Erwo hielten sich unter ihresgleichen auf. Schmiede, Gießer, Händler, das Donnern der Hämmer im Takt. Gespräche in Khazalid, viel Bier, viel Rauch.
Tsa-Tempel: Althea suchte derweil Ruhe. Zehn Dukaten opferte sie, dann blieb sie lange in stiller Andacht im duftenden Hain der Göttin, weit entfernt vom Lärm der Stadt.
Roter Morgen: Furka, von der Rastlosigkeit gepackt, probierte sich abends beim Falschspiel – und machte den einen oder anderen Thorwaler um ein paar Münzen ärmer.
Verlorener Heller: Am Abend saßen sie schließlich zusammen in der schummrigen Schenke, Würfel rollten, Karten flogen, Stimmen wurden lauter – die Nacht war kurz.
Tag 3
Am Morgen wurden die Bündel geschnürt. Drei Tage Thorwal hatten gereicht – Geschäft, Ablenkung, Andacht und Vergnügen. Nun lockte der Bodir, breit und schwarz unter den Winterwolken.
Sie brachen auf zur Fährstation Tjoila, um den langen Weg nach Oberorken anzutreten.
(Versatzstücke)
Der lange Bogen nach Thorwal
(Kurzversion)
Manrin – Wartezeit
Vier Tage blieben sie in Manrin, und doch war es keine Zeit, die sich füllte, sondern eine, die sich dehnte. Die Tage im Hafenviertel waren bestimmt vom Warten, vom Schlendern über denselben Markt, vom Wiederholen derselben Gespräche. Abends saßen sie in der Herberge am Hafen, die Fenster zur See hinaus, und sahen die Boote schaukeln, während der Wind die Masten zum Knarren brachte.
Es war eine Pause ohne Erholung – eher das gespannte Innehalten vor der Weiterfahrt.
Überfahrt nach Prem
Schließlich legte ein solides Handelsschiff ab – nicht neu, nicht elegant, aber mit guter Fahrt am Wind. Fünf Tage trug es sie südwärts. Die Nächte vergingen mit Kartenspiel, Geschichten und für Althea mit der langsamen Rückkehr ihrer magischen Kraft. Die Tage waren lang, eintönig, ein Rhythmus von Wachen, Wellen, Mahlzeiten, wieder Wellen.
Erst als das Schiff um die Halbinsel bog und durch die Strömung zwischen der Insel Runin und dem Festland gezwungen wurde, kam Unruhe auf. Der Nord-Süd-Strom drückte hart gegen den Rumpf, das Schiff legte sich schräg, und die Wellen kamen quer.
„Mir ist übel …“, brummte Hurdin.
„Und mir noch mehr!“, keuchte Tondar, bleich wie Kreide.
Zum ersten Mal auf der Fahrt packte die Seekrankheit die Zwerge mit voller Härte.
Am Ende aber, nach durchgestandener Schaukelei, lag Prem vor ihnen. Als sie die Reling hinter sich ließen, stöhnte Hurdin nur:
„Nie wieder Schiffe.“
Ein Satz, den alle sofort unterschrieben.
Prem – Drei Nächte
Drei Nächte Rast im Hafen von Prem: Marktplatz, Tavernen, Tempel. Sie spendeten überzähligen Proviant im Travia-Tempel und spürten für einen Moment die Wärme der Göttin, mitten im Gewimmel der Stadt. Aber lange verweilen durften sie nicht – das nächste Schiff wartete bereits.
Und dort lag es schon wieder am Kai: derselbe alte Seelenverkäufer, der sie schon einmal über den Golf getragen hatte. Niemand nannte ihn beim Namen, aber jeder erkannte sofort die schiefe Takelage, das knarrende Deck, den Geruch nach Salz und Schimmel. Es war, als ob dieses Schiff unausweichlich Teil ihrer Wege geworden wäre – ein schicksalhaftes Vehikel zwischen Prem und Thorwal.
Überfahrt nach Thorwal
Dann begann die eigentliche Tortur: fünf Tage stampfend gegen die Wellen.
Noch am Kai hatte Archon versucht, Mut zu machen:
„Das schafft ihr auch noch.“
Keldi zog nur eine Braue hoch: „Neben dem Krakenmolch?“
Kaum war die Küste verschwunden, brach die Wirklichkeit los. Tentakel schossen aus den Fluten, Althea wurde von einem kalten, glitschigen Arm gepackt, Furka riss sie frei und kämpfte selbst gegen den Griff. Dann wieder Althea – diesmal war es Keldi, der sich gegen den Sog zur Bordwand stemmte. Schließlich schlängelte ein weiterer Arm hinauf zum Mast, wo Archon sich verschanzt hatte. Gemeinsam schlugen sie das Ungetüm zurück, bis das Meer sich wieder glättete.
Die restliche Fahrt war ein dumpfes Stampfen, und diesmal war es nicht nur Seekrankheit, sondern die Erinnerung an den Griff aus der Tiefe, die ihnen den Magen umdrehte. Und immer wieder das Gefühl: Dieses verdammte Schiff bringt uns um.
Thorwal – Drei Nächte
Am frühen Morgen des 10. Rahja liefen sie in Thorwal ein. Der Nebel hing über dem Wasser, Möwen kreischten, und die schwarzen Dächer der Stadt reckten sich gegen den Himmel.
Drei Tage blieben sie: Geschäfte, Tempel, Spiele, Schenken.
Und doch war es mehr als nur Rast – es war ein erleichtertes Ankommen nach dem langen Bogen der Reise. Die Tentakel des Molchs lagen hinter ihnen, und die Namenlosen Tage noch vor ihnen. Für einen kurzen Augenblick fühlte sich Thorwal wie eine sichere Bucht an.
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Prem hatte sie wieder.
Der Aufstieg zur Klippe zog sich steil hinauf, bis zur Trutzburg – über der, zur vollen Stunde, die Wasserfontäne aus dem Swafnirtempel wie ein Schleier in die Dunkelheit stieg. Manrin war bereits verblasst, wie ein Ort aus einem anderen Leben.
In der Zur Trutz empfing sie der Wirt mit einem breiten Grinsen, wies ihnen dieselben Zimmer zu – wieder mit Blick über Dächer und Hafen.
Am nächsten Morgen schleppten sie die Bündel mit der Beute der Piraten hinunter in die Stadt. Storko von Gollbritz, Herm Jurgasvalsson und zuletzt der Einbeinige nahmen die Funde in Augenschein, prüften, feilschten, bezahlten.
Auf dem Rückweg bogen die Zwerge und Erwo zu den Hjalskes ab, während Althea, gedankenverloren, das Amulett zwischen den Fingern drehte, das sie im Gepäck Furkas entdeckt hatte…
Am Abend blieb sie verschwunden.
Die anderen saßen in der Stube und probierten eine Flasche Premer Feuer – das Lachen und der Brand im Hals übertönten für ein paar Stunden jede Frage, wohin sie gegangen war.
(Streiflichter)
Der Hafenmarkt von Prem brodelte wie ein Kessel, in dem jede Zutat aus einer anderen Himmelsrichtung kam. Händler aus Thorwal, Olport, sogar aus Al’Anfa drängten sich unter Planendächern, die im Wind flatterten. Zwischen den Ständen roch es nach geräuchertem Lachs, gebratenen Muscheln und dem schweren Duft südländischer Gewürze – Safran, Zimt, Kreuzkümmel – die auf staubigen Tüchern ausgebreitet lagen.
Ein Schlitzohr mit rotgebundenem Zopf pries lautstark „echtes maraskanisches Kaffeegewürz“ an, während nebenan ein alter Olporter in grobem Wollmantel seine Fässer Hering mit dem finsteren Blick eines Mannes verkaufte, der schon mehr Winter gesehen hatte, als er zählen konnte.
Keldi stand knurrend vor einem Waffenschmied, der ihm eine handvoll Bolzen anbot, deren Spitzen im Licht bläulich schimmerten. Furka dagegen hatte sich bereits an einen Stand gedrängt, an dem kleine Teigfladen in siedendem Öl schwammen – er kaute, noch ehe er bezahlt hatte. Archon verschwand zwischen zwei Ständen, angelockt von einem Kräuterhändler, dessen Kisten voll getrockneter Blätter und glänzender Wurzeln den Duft von fernen Küsten verströmten.
Althea blieb vor einem wettergegerbten Mann mit Rollen feinen Pergaments stehen. Die Karten darauf zeigten nicht nur Küstenlinien und Strömungen, sondern winzige handgemalte Symbole für Strudel, Riffe und „ungemütliche Ankerplätze“. Seine Stimme war leise, aber eindringlich, als er ihr erklärte, dass manche Stellen der See nur im richtigen Mondlicht zu lesen seien – „und das, meine Dame, steht hier.“
Als sie sich später wiederfanden, jeder mit einer anderen Kostbarkeit unter dem Arm, brandete vom Anleger her das Rufen der Hafenarbeiter herüber. Das Meer war noch fern, aber Prem roch und klang, als stünde es mitten auf dem Platz.
Vier Tage lang hatte Prem sie genährt wie ein schwerer, warmer Mantel – Märkte voller Stimmen, Tavernen, in denen der Rauch der Feuerstellen noch lange nach dem letzten Krug in den Kleidern hing, und Nächte, in denen der Blick von der Trutzburg über das schwarze Wasser bis zu den blinkenden Leuchtfeuern reichte.
Am Abend vor der Abreise kam Erwo breit grinsend in die Stube der Herberge. Er ließ sich Zeit, zog den Moment hinaus, bis alle Augen auf ihm ruhten.
„Ich habe eine Passage für uns. Solides Schiff, sagt der Kapitän. Legt bei Morgengrauen ab.“
Es brauchte nur einen Blick – und die Gesichter erstarrten wie in stiller Übereinkunft.
Tondar griff an seinen Gürtel, zog die Klinge aus der Scheide und prüfte die Schneide mit dem Daumen, als wollte er sicherstellen, dass sie noch scharf genug für alles sei, was kommen mochte.
„Krakenmolchwache, erster Tag, ich“, knurrte Furka und zog damit nur ein kurzes, trockenes Lachen der anderen auf sich.
Draußen über Prem rauschte die Brandung gegen den Kai, und irgendwo im Hafen schlug ein Tau dumpf gegen einen Mast. Der Wind trug den Geruch von Salz und Teer herein – und das Versprechen einer Überfahrt, die niemand je ganz vergessen würde.
──────────────────────────────────
Der Angriff des Krakenmolchs kam kurz nach der Ausfahrt, Althea lehnte an der Reling, als sie plötzlich von einem Tentakel umschlungen wurde. Furka wrang sie frei und musste dann selbst mit dem Tentakel kämpfen. Noch während sie wieder auf die Beine kam, griff ein weiterer Tentakel nach Althea. Diesmal war es Keldi, der der Tentakel von ihr zog, aber seinerseits Richtung Bordwand gezogen wurde... Nachdem alle Tentakel mit vereinten Kräften zurück ins Meer getrieben hatten, schlängelte ein weiterer Tentakel von der anderen Bordseite zu Mast an dem Archon sich in Sicherheit gebracht hatte...
Am frühen morgen des 10. Rahja, gingen sie in Thorwal von Land.
──────────────────────────────────
Ankunft
Am frühen Morgen des 10. Rahja lief das Schiff in den Hafen von Thorwal ein. Nebel hing noch über dem Wasser, Möwen kreischten zwischen den Rahen, und über den Dächern der Stadt stieg bereits der Rauch unzähliger Herdfeuer auf.
Die Gruppe quartierte sich im „Enterhaken“ ein – eine unscheinbare Herberge im östlichen Tavernenviertel. Drei Zimmer entlang des Hofes wurden bezogen, gerade so viel Ruhe und Anonymität, wie man nach den Tagen auf See brauchte.
Tag 1
Magistrat & Zeughaus: Ein offizieller Gang – Formularien, etwas Gedränge, und im Zeughaus das Nötigste für den Alltag: ein Hemd für Althea, Schuhe für Hurdin.
Markt & Beilunker Reiter: Furka, Tondar, Hurdin, Archon und Erwo verloren sich im Gewimmel des Marktes, zwischen geräucherten Fischen, Salzballen und Fässern voller Hering. Erwo blieb schließlich bei den Beilunker Reitern hängen – den Boten des Reiches, die auf schnellen Pferden Nachrichten bis in den tiefsten Süden trugen.
Travia-Tempel & Bankhaus: Althea und Keldi besuchten den Tempel, wo der Handelsagent der Familie noch immer seinen Sitz hatte. Hier wurden die 400 Dukaten sicher im Bankhaus eingezahlt – ein Stück Ordnung im Wirbel der Reise.
Immanstadion: Am Nachmittag füllten sich die Ränge. Orkan Thorwal fegte die Festumer Wiesel vom Feld, 23:1, ein rauschendes Fest der Gewalt und des Beifalls.
Tag 2
Eisenhöfe: Die Zwerge und Erwo hielten sich unter ihresgleichen auf. Schmiede, Gießer, Händler, das Donnern der Hämmer im Takt. Gespräche in Khazalid, viel Bier, viel Rauch.
Tsa-Tempel: Althea suchte derweil Ruhe. Zehn Dukaten opferte sie, dann blieb sie lange in stiller Andacht im duftenden Hain der Göttin, weit entfernt vom Lärm der Stadt.
Roter Morgen: Furka, von der Rastlosigkeit gepackt, probierte sich abends beim Falschspiel – und machte den einen oder anderen Thorwaler um ein paar Münzen ärmer.
Verlorener Heller: Am Abend saßen sie schließlich zusammen in der schummrigen Schenke, Würfel rollten, Karten flogen, Stimmen wurden lauter – die Nacht war kurz.
Tag 3
Am Morgen wurden die Bündel geschnürt. Drei Tage Thorwal hatten gereicht – Geschäft, Ablenkung, Andacht und Vergnügen. Nun lockte der Bodir, breit und schwarz unter den Winterwolken.
Sie brachen auf zur Fährstation Tjoila, um den langen Weg nach Oberorken anzutreten.

