25.10.2025, 12:26
Unterwegs mit Zwergen #69
Die Sonne neigte sich über den Hafen von Varnheim,
das Wasser schimmerte in müden Goldtönen,
und die Möwen kreisten träge über den Masten der Kauffahrer,
als sie das Haus der Eliane Windenbeck verließen.
Ein Gefühl von Erfüllung – und Abschied –
lag über ihnen wie der salzige Dunst, der vom Meer heraufzog.
Ardora musste nach Süden.
Der Hetmann in Thorwal würde hören müssen,
was sie im Tempel des Namenlosen gefunden hatten.
Die Schatten reichten weit – und jemand musste Licht bringen.
Das war ihre Aufgabe.
Sie fanden eine Passage für den nächsten Morgen,
und so blieb ihnen dieser letzte Abend –
nicht ausgelassen, aber angemessen still.
In der kleinen Herberge im Hafenviertel
ließ der Wirt Krüge mit schwerem, dunklem Wein auftragen,
und sie tranken auf überstandene Schlachten,
auf Freunde, die nicht mehr da waren,
und auf jene, die noch nicht wussten,
was auf sie wartete.
Althea und Ardora saßen einander gegenüber.
Zwischen ihnen stand das Licht einer einzigen Lampe,
die kaum die Ränder des Tisches erreichte.
Ihre Worte waren leise,
zu leise, um sie festzuhalten.
Nur einmal hob Ardora den Blick und sagte:
„Das, was wir gesehen haben – vergiss nicht, was es mit dir gemacht hat.“
Althea antwortete nicht.
Sie lächelte nur, und das genügte.
Die Zwerge ließen die beiden gewähren.
Keldi erzählte leise von den Schmieden Oberorkens,
Tondar saß mit verschränkten Armen und hörte zu,
Hurdin starrte ins Glas,
und Furka prostete allen zu, die hinsahen –
und auch denen, die es nicht taten.
Nur Archon schrieb.
Seine Feder glitt über das Pergament,
lautlos, stetig, als wolle sie diesen Abend selbst binden.
Am nächsten Morgen lag Nebel über dem Kai.
Das Wasser war grau, die Segel nass vom Tau.
Ardora stand am Geländer,
ihre Rüstung frisch geölt, der Blick fest.
Althea trat vor, und ohne ein Wort
nahmen sie einander in die Arme – lange,
so, als wollten sie sich gegenseitig vergewissern,
dass sie wirklich da gewesen waren.
Dann legte das Schiff ab.
Die Gruppe blieb, bis der Mast im Dunst verschwand.
Erst da wandten sie sich ab,
nahmen ihre Bündel auf
und gingen Richtung Osten,
vorbei an den letzten Speichern,
hinauf in das sanfte Hügelland,
das sich wie eine Schwelle vor den Hjaldorbergen ausbreitete.
Der Weg war lang,
doch hinter ihnen, über dem Hafen,
lag noch das leise Echo einer Stimme,
die sagte:
„In ein paar Monaten ist alles vorbei.“
Und keiner wusste,
ob das Trost oder Prophezeiung war.
Der Weg nach Auplog war ihnen vertraut,
die Hügel und Täler, die Schleifen des Pfades,
selbst die alten Baumgruppen schienen sie zu erkennen.
Doch wo einst ihre reparierte Brücke gestanden hatte,
lagen nur noch zerfetzte Balken im Wasser.
Die Frühlingsfluten hatten ganze Arbeit geleistet.
Und da ein Zwerg so etwas nicht auf sich sitzen lässt,
wurden die Rucksäcke abgeworfen,
die Ärmel hochgekrempelt,
und das Werkzeug hervorgeholt.
Bald klangen Hämmer im Tal,
Seile knarrten,
und Holz auf Holz fügte sich zu einem neuen Werk.
Besser und stärker als die davor,
meinte Furka, die Hände in die Hüften gestemmt,
worauf Hurdin mit einem stolzen Zug an den Seilen antwortete,
der die frisch gesetzten Pfeiler erzittern ließ.
„Das hält hundert Jahre“, brummte Keldi.
„Hundertzwanzig, wenn keiner von euch drüber tanzt.“
Furka grinste. „Ich tanze nicht, ich fliege.“
„Wie’n Mehlsack“, kam es trocken von Tondar.
Althea lachte leise.
Und so war die Brücke fertig –
nicht nur aus Holz und Tau,
sondern aus einem kleinen Stück Stolz.
In Auplog übernachteten sie,
im alten Gasthaus, wo das Bier noch so schmeckte wie im Winter,
und zogen am Morgen weiter den Bodir hinauf,
der in der Sonne glitzerte wie ein endloser Strang aus geschmolzenem Erz.
Hinter Vilnheim,
wo die Herberge „Zum Glockenspiel“
ihre geschnitzte Fassade wie ein Lächeln über den Platz streckte,
stießen sie auf eine Gruppe Goblins,
die ein paar Händler überfallen wollten.
Ein paar gezielte Bolzen,
ein Flammenstrahl,
und das Gesindel floh in die Wälder.
„Goblins. Auf der Handelsstraße.“
Keldi sah ihnen nach.
„Sie müssen sich ganz sicher fühlen,
dass sie bis hierhin vordringen.“
Tondar nickte,
sein Blick ging nach Osten.
„Was immer sich dort zusammenbraut –
es rührt sich schon.“
Niemand antwortete.
Sie wussten es alle.
Und als sie am nächsten Tag
die letzten Hügel nach Oberorken hinuntergingen,
lag eine Schwere über dem Weg,
die nichts mit Müdigkeit zu tun hatte.
Doch über den Dächern der Stadt
stieg Rauch aus den Schmieden,
ein vertrauter Klang,
der wie ein Willkommen wirkte.
Und als sie über den Marktplatz traten,
war es,
als kehrten sie nicht einfach zurück –
sondern als fänden sie heim.
Die Sonne neigte sich über den Hafen von Varnheim,
das Wasser schimmerte in müden Goldtönen,
und die Möwen kreisten träge über den Masten der Kauffahrer,
als sie das Haus der Eliane Windenbeck verließen.
Ein Gefühl von Erfüllung – und Abschied –
lag über ihnen wie der salzige Dunst, der vom Meer heraufzog.
Ardora musste nach Süden.
Der Hetmann in Thorwal würde hören müssen,
was sie im Tempel des Namenlosen gefunden hatten.
Die Schatten reichten weit – und jemand musste Licht bringen.
Das war ihre Aufgabe.
Sie fanden eine Passage für den nächsten Morgen,
und so blieb ihnen dieser letzte Abend –
nicht ausgelassen, aber angemessen still.
In der kleinen Herberge im Hafenviertel
ließ der Wirt Krüge mit schwerem, dunklem Wein auftragen,
und sie tranken auf überstandene Schlachten,
auf Freunde, die nicht mehr da waren,
und auf jene, die noch nicht wussten,
was auf sie wartete.
Althea und Ardora saßen einander gegenüber.
Zwischen ihnen stand das Licht einer einzigen Lampe,
die kaum die Ränder des Tisches erreichte.
Ihre Worte waren leise,
zu leise, um sie festzuhalten.
Nur einmal hob Ardora den Blick und sagte:
„Das, was wir gesehen haben – vergiss nicht, was es mit dir gemacht hat.“
Althea antwortete nicht.
Sie lächelte nur, und das genügte.
Die Zwerge ließen die beiden gewähren.
Keldi erzählte leise von den Schmieden Oberorkens,
Tondar saß mit verschränkten Armen und hörte zu,
Hurdin starrte ins Glas,
und Furka prostete allen zu, die hinsahen –
und auch denen, die es nicht taten.
Nur Archon schrieb.
Seine Feder glitt über das Pergament,
lautlos, stetig, als wolle sie diesen Abend selbst binden.
Am nächsten Morgen lag Nebel über dem Kai.
Das Wasser war grau, die Segel nass vom Tau.
Ardora stand am Geländer,
ihre Rüstung frisch geölt, der Blick fest.
Althea trat vor, und ohne ein Wort
nahmen sie einander in die Arme – lange,
so, als wollten sie sich gegenseitig vergewissern,
dass sie wirklich da gewesen waren.
Dann legte das Schiff ab.
Die Gruppe blieb, bis der Mast im Dunst verschwand.
Erst da wandten sie sich ab,
nahmen ihre Bündel auf
und gingen Richtung Osten,
vorbei an den letzten Speichern,
hinauf in das sanfte Hügelland,
das sich wie eine Schwelle vor den Hjaldorbergen ausbreitete.
Der Weg war lang,
doch hinter ihnen, über dem Hafen,
lag noch das leise Echo einer Stimme,
die sagte:
„In ein paar Monaten ist alles vorbei.“
Und keiner wusste,
ob das Trost oder Prophezeiung war.
Der Weg nach Auplog war ihnen vertraut,
die Hügel und Täler, die Schleifen des Pfades,
selbst die alten Baumgruppen schienen sie zu erkennen.
Doch wo einst ihre reparierte Brücke gestanden hatte,
lagen nur noch zerfetzte Balken im Wasser.
Die Frühlingsfluten hatten ganze Arbeit geleistet.
Und da ein Zwerg so etwas nicht auf sich sitzen lässt,
wurden die Rucksäcke abgeworfen,
die Ärmel hochgekrempelt,
und das Werkzeug hervorgeholt.
Bald klangen Hämmer im Tal,
Seile knarrten,
und Holz auf Holz fügte sich zu einem neuen Werk.
Besser und stärker als die davor,
meinte Furka, die Hände in die Hüften gestemmt,
worauf Hurdin mit einem stolzen Zug an den Seilen antwortete,
der die frisch gesetzten Pfeiler erzittern ließ.
„Das hält hundert Jahre“, brummte Keldi.
„Hundertzwanzig, wenn keiner von euch drüber tanzt.“
Furka grinste. „Ich tanze nicht, ich fliege.“
„Wie’n Mehlsack“, kam es trocken von Tondar.
Althea lachte leise.
Und so war die Brücke fertig –
nicht nur aus Holz und Tau,
sondern aus einem kleinen Stück Stolz.
In Auplog übernachteten sie,
im alten Gasthaus, wo das Bier noch so schmeckte wie im Winter,
und zogen am Morgen weiter den Bodir hinauf,
der in der Sonne glitzerte wie ein endloser Strang aus geschmolzenem Erz.
Hinter Vilnheim,
wo die Herberge „Zum Glockenspiel“
ihre geschnitzte Fassade wie ein Lächeln über den Platz streckte,
stießen sie auf eine Gruppe Goblins,
die ein paar Händler überfallen wollten.
Ein paar gezielte Bolzen,
ein Flammenstrahl,
und das Gesindel floh in die Wälder.
„Goblins. Auf der Handelsstraße.“
Keldi sah ihnen nach.
„Sie müssen sich ganz sicher fühlen,
dass sie bis hierhin vordringen.“
Tondar nickte,
sein Blick ging nach Osten.
„Was immer sich dort zusammenbraut –
es rührt sich schon.“
Niemand antwortete.
Sie wussten es alle.
Und als sie am nächsten Tag
die letzten Hügel nach Oberorken hinuntergingen,
lag eine Schwere über dem Weg,
die nichts mit Müdigkeit zu tun hatte.
Doch über den Dächern der Stadt
stieg Rauch aus den Schmieden,
ein vertrauter Klang,
der wie ein Willkommen wirkte.
Und als sie über den Marktplatz traten,
war es,
als kehrten sie nicht einfach zurück –
sondern als fänden sie heim.

