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Vier verruchte Gefährten
#10
16. Travia, 18 nach Hal.
Finsterkoppen-Binge, 4. Ebene


Wie gelähmt blieben die Verruchten stehen, als sie jenen großen steinernen Saal in der tiefdunklen Binge betraten, dessen Mitte ein prunkvoll gearbeiteter Brunnen mit großen Stelen am Rande eines riesigen Beckens einnahm. An jeder der vier Stelen war die wuchtige Figur eines riesenhaften Gargylen eingemeißelt worden. Die Statuen - starre Abbilder drei Schritt hoher Zweibeiner mit mächtigen Gliedmaßen, am krummen Rücken angelegter Schwingen und einem groben gewölbtem Schädel mit kleinem Schnabel - wirkten im langsam flimmerndem Schein von Karvaks leuchtendem Magierstab grauenerregend lebendig. Es schien, als bebten die großen Flügel hinter ihnen und als ob ihre klauenbewehrten Arme aus dem Stein der Stele sich zu befreien suchten.
Lark von Wolven aber durchbrach die Hülle der Reglosigkeit und schritt an Karvak, der bis eben das Bauwerk gleichermaßen fasziniert wie nachdenklich gemustert hatte, vorüber. Der Magus konnte nur verblüfft den Kopf schütteln, als sich der Edelknecht zum Rand des Brunnenbeckens wagte. "Was tut Ihr da ...?" kam es über die noch vor forschendem Erstaunen trägen Lippen des Geisterbeschwörers.
Lark wandte sich um und lüpfte eine Braue. "Ihr wollt nicht etwa sagen, daß ich unterlassen soll, meinen Wasserschlauch zu füllen, alter Schwarzseher!" schleuderte Lark krantig zurück. "Ich habe seit vielen Stunden kein Wasser mehr zu mir genommen. Das Zwergenbier der letzten Tage hat mir die letzte Flüssigkeit aus meinem Leib gezogen - ich habe Durst wie ein Esel!"
Karvak tat einen Schritt nach vorn und es drängte sich dabei eine Warnung in seinen Hinterkopf, die er geschickt herausbringen wollte ...
... doch es war zu spät.
Als der Edelknecht den Beckenrand erreicht hatte, ging ein unheilvolles Knirschen durch den Saal, als ob ein schweres Mühlenrad tausend Krochen unter sich zermalmt. Im selben Moment begann der Boden unter den Füßen der Verruchten zu beben, als sich die mächtigen Gargylen von den Stelen befreiten und auf die anmaßenden Fremdlinge mit einem unbarmherzigen Glimmen in den Augenhöhlen zustrebten.


Lark zog seine Waffe und wich dem steinernen Arm aus, der versucht hatte, seine Schulter zu zertrümmern. Ebenso wich Aigur zurück als ihm der mahlenden und kirschenden Geräuschs voranstapfende Gargyl die steinharte Klaue vor die Brust schlagen wollte. Karvak hatte weniger Glück: Sein Gegner fegte ihn zielsicher mit seinem gefährlichen Schwinger zur Seite. Korbranor hinter ihm empfing gleich den zweiten, machtvollen Hieb des urzornigen Wasserspeiers. Der Jäger stürzte zu Boden und brachte sich vor dem nächsten, sicherlich tödlich zu endenden Schlag des Streinungeheuers haarknapp in Sicherheit.
Unterdessen hatte Lark seine Klinge zum ersten Mal erfolgreich gegen seinen starken, doch schwerfälligen Feind zum Einsatz gebracht. Das Staunen über das entsetzliche Aufschreien des Ungetüms versetzte den Edelknecht in Verwirrung, war er doch mit sehr viel mehr Verzweiflung gegen den Gargylen angegangen. Jetzt mußte Lark von Wolven zur Seite springen, um der gefährlichen Geraden auszuweichen, den der Wasserspeier austeilte. Der Edelknecht brachte sich wieder in Stellung und hieb gegen den Gargylen wie gegen einen Oger. Mit schneller Schlägen brachte er sein mittlerweile schartiges Axtblatt immer wieder in den steinernen Rumpf des Gargylen - bis dieser in einem Moment wie von fremder Macht und unter einem furchtbaren Gebrüll in matten reglosen Stein zurückverwandelt wurde.
Aigur riß einen hölzernen Rundschild zur Deckung hoch, den sein gargylischer Gegner mit einem einzigen Hammerhieb krachend zerbesten ließ. Mit einem grimmigen Aufschrei klatschte der Thorwaler von der Wucht des Schlages glatt auf den Steinboden. Aigur warf sich herum und rollte mehr als einen ganzen Schritt zur Seite, als in diesem Moment die gebaltte Klaue des Gargylen mit einem dumpf hallenden Aufprall in den geschliffenen Fels einbrach. Der Thorwaler brachte sich schnell auf die Beine und versetzte dem noch immer gebeugten Wasserspeier einen Axthieb ... Daß der Gargyl vor hörbarem Schmerz den Rücken krümmte, gab dem Thorwaler neue Hoffnung. Er schleuderte den Lederriemen des zertrümmerten Schilds von seiner Linken und umgriff den Stiel seiner Axt mit beiden Händen. Grimmig verzog er einen Mundwinkel und stürzte sich auf seinen Gegner.

Es hatte einige Kraft und Zeit gekostet, diese Wasserspeier zu überwinden. Karvaks Schultergelenk war ausgekugelt und Korbranos ächzte unter dem Schmerz gebrochener Rippen. Es dauerte eine Weile, bis sich die verruchten Gefährten angesichts der in letzter Bewegung zu Stein erfrorenen Ungetüme aus ihrer eigenen, verzweifelt kampfbereiten Starre befreiten. Schließlich aber stöhnte der Geisterbeschwörer: "Weiter ... da hinten ist eine Tür ... diese dort werden nichts mehr tun ..."
Obwohl Lark von Wolven die Frage auf der Zunge brannte, warum diese nur scheinbar unbezwingbaren Gegner aus Stein allein von geschliffenem Stahl verletzt worden waren, entschloß er sich, rasch den erschöpft nach vorn taumelten Gefährten aufzuschließen

... Immerhin war er froh, daß sich diese Bestien von steinwandelnden Wächtern nicht noch einmal regten ...
Svellttaler Geschichten
Geschichten und Abenteuer aus dem Svelltland und den Schildlanden


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Vier verruchte Gefährten - von Boronar - 29.08.2011, 22:36
RE: Vier verruchte Gefährten - von Boronar - 29.08.2011, 22:38
RE: Vier verruchte Gefährten - von Hendrik - 30.08.2011, 13:33
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RE: Vier verruchte Gefährten - von Boronar - 07.12.2011, 21:55



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