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Der Weg ins Ungewisse
#9
Ich freu mich, dass Du Deine Freude dran hast. Solange ich mich hier von meiner Arbeit ablenken kann und noch jemand was davon hat, hab ich auch meinen Spaß dran. :D



Reiseberichte von Eska "der Groben"
Eintrag vom 9. Praios, 15. Hal, Abends.
Heutiger Eintrag wurde von Aidra der Weisen übernommen.

Nachdem Eska im Augenblick leider an das Krankenbett gefesselt ist, habe ich, als stellvertretende Anführerin (und fraglos als einzig logisch denkender Kopf der Gruppe), mich bereiterklärt, den heutigen Tagesbericht zu übernehmen. Nachdem wir uns gestern, kurz nachdem wir einen Auftrag zur Rettung Thorwals erhalten haben, lieber der kleingeistigen Beschäftigung der "Schatzsuche" (so nannte es zumindest Cadrim. Eska bezeichnete es als "Heldentat", Reonar schimpfte es "potenziellen Selbstmord" und ich fasse es unter dem Begriff "Dummheit" zusammen) innerhalb der Stadtmauern widmeten, waren große Resultate erst einmal nicht zu erwarten. Tatsächlich mussten wir aber feststellen, dass dieses Vorhaben nicht nur wesentlich gefährlicher war, als wir anfangs glaubten, sondern es war auch um einiges profitabler.
Die alte Zwingfeste unter Thorwal ist ein komplexes Gemäuer über mehrere Stockwerke. Sie muss schon einige Jahrzehnte lang vernachlässigt worden sein, und genau das ist der Grund, aus dem sich dort Schmuggler und Banditen eingenistet hatten. Die Stadtwache scheint sich ihre Helme etwas zu kräftig über die Hohlköpfe zu stülpen, denn wenn ihr Gehirn mit einer ausreichenden Durchblutung versorgt wäre, hätten sie selbst in ihren kaum nennenswerten Wachzeiten sehen müssen, dass jemand diesen Machenschaften Einhalt gebieten muss (obwohl ich gestehen muss, dass ein Teil meiner (wie ich nach wie vor finde: nützlichen) Einkäufe aller Wahrscheinlichkeit nach keinen allzu legalen Weg auf den Thorwaler Markplatz gefunden haben dürften - aber jetzt, wo wir alles Nützliche erstanden haben, ist es spätestens an der Zeit, die Schmuggelgeschäfte der Stadt etwas einzudämmen!).
Wir arbeitete uns also zu sechst in die stickigen Gewölbe der alten Zwingfeste, und kaum dass wir einen Fuß auf den Boden außerhalb des ersten Fackelscheins gesetzt hatten, trafen wir bereits auf das erste Schmugglergesicht. Ein bärbeißiger Klumpen aus Muskeln und Gestank, kaum jünger als Reonar. Er stapelte Kisten voller illegaler Waren aufeinander, säuselte ein Liedchen vor sich her und fühlte sich so unbeobachtet, dass er selbst dann nicht an unsere Anwesenheit zu glauben schien, als wir uns gut sichtbar neben ihm sammelten. Er blickte auf, nickte freundlich und widmete sich beinahe wieder seiner Arbeit, als er, nach einer beträchtlichen Denkpause, schließlich begriff, dass wir nicht zu seinem stinkenden Hunderudel gehörten. Er packte seinen Säbel, knurrte aus tiefer Kehle und brummte im feinsten Hündisch: "Seidir vonner Wache?". Als wir vorläufig verneinten, entspannte er sich und ließ die Waffe sinken. "Wennir was kaufn wollt, seidir falschier. Wiamn genünd Käufer."
Eska versuchte offenbar nicht, die Angelegenheit friedlich zu regeln, als sie fast schon anerkennend sagte: "Ich habe noch nie einen derart plumpen Diebstahl wie den Euren gesehen. Ihr bestehlt die Wache und lagert Eure Schmuggelware in den Räumen weiter unten, nicht wahr? Und das macht Ihr nun wie lange unbemerkt? Und das, obwohl Ihr so unauffällig seid, wie ein leuchtendes Schaf in einem Wolfsrudel?" Der Mann packte erneut seinen Säbel und knurrte wie ein tollwütiger Bär. Er sekretierte dabei eine signifkante Menge speichelähnlicher Flüssigkeit aus (will meinen: er spuckte bei jeder Bewegung seiner Lippen, und zwar nicht zu knapp!). Vermutlich, um uns auf Distanz zu halten. "Dann seidir ja doch vonner Wache!", schimpfte er.
"Nicht direkt", wand Eska ein und zückte ihrerseits ihre Waffe (ein Bihänder von derart bizarrer Größe, dass man damit einen Ochsen mit einem Hieb längsteilen könnte. Sie kann es noch so oft ein "Werkzeug für den strategischen Vollzug" nennen. Ein Metzgerbeil ist gegen dieses Ungetüm die Materialisierung von Eleganz und Feinschliff). "Aber wir sind bereit, das richtige zu tun." ("Solange wir dafür bezahlt werden.", ergänzte jemand irgendwo aus dem Halbschatten.) Der Schmuggler schrak zurück, blickte uns in unserer hoffnungslosen Überzahl an (schon alleine Eskas völlig absurde Waffe stellt in gewisser Weise eine Überzahl dar), raufte dann all seinen Mut zusammen, schrie aus Leibeskräften, blaffte und bellte wie ein Hund und rannte los. Direkt an uns vorbei. Offenbar wollte er sein Heil in der Flucht suchen. Nicht, dass wir ihn aufgehalten hätten, aber es gelang ihm trotzdem nicht. Als er an unserer Gruppe vorbeipreschen wollte, übersah er unseren Zwerg, der im Halbdunkeln stand wie ein kleiner, aber dick gepanzerter Fels in der Brandung. Er rannte mit so ungebremster Wucht in ihn hinein, dass man seinen Schmerzensschrei vermutlich noch bis in die Vier Winde hören konnte. Die wenig vorteilhafte Größe Cadrims gestattete einen Treffer direkt in des Schmugglers Lenden, der sie nun vermutlich eine Weile lang nicht mehr verwenden kann. Wenn überhaupt (eine vielversprechendere Methode zur langfristigen Eindämmung der Schmugglervermehrung ist im Übrigen kaum denkbar. Wir sehen unsere Pflichten daher als erfüllt an, obwohl wir den Mann am Leben ließen und nicht in eine Zelle warfen). Während der arme Kerl sich vor Schmerzen am Boden wand, schien Cadrim nicht einmal richtig bemerkt zu haben, was eigentlich gerade passiert war. Er stapfte völlig desinteressiert zu den Kisten und durchwühlte sie nach brauchbaren Schätzen. Unsere erste Rast in den Gewölben mussten wir übrigens nicht zuletzt deswegen praktisch direkt nach Betreten des Gewölbes einschlagen. Unsere Taschen waren mit Einkäufen und Schmugglerbeute so überladen, dass Cadrim vermutlich nicht einmal hätte ausweichen können, wenn er es gewollt hätte. Wir mussten also, Wohl oder Übel, einen Teil unseres Gepäcks aussortieren. Nachdem Salaria dem Verletzten einen kleinen Beutel mit Wirselkraut hinterließ und ihm aufmunternd den Kopf tätschelte (er mochte unser Feind gewesen sein, aber die Götter hatten sich bereits genügend über ihn belustigt, und er tat uns allen ein wenig leid), machten wir uns auf den Weg in die tieferen Gewölbe der Feste.
Ob wir wohl auch zukünftig all unsere feindseligen Begegnungen kampflos überstehen werden? Vermutlich nicht. Aber es hätte nun wirklich auch schlechter ausgehen können. Ist es später auch. Aber um es vorerst mit den Worten Eskas zu bedenken, die soeben nach meiner helfenden Hand jammert (warum, das erkläre ich später): "Für eine erste Heldentat gar nicht mal so schlecht."

In diesem Sinne: Bericht (Teil 1) Ende.


Post Scriptum: Ich habe mir erlaubt, die vielen Schreibfehler unserer Anführerin weitestgehend zu korrigieren. Aus ihrer doch recht begrenzten Perspektive auf die Dinge hat sie aber gute Berichterstattung geleistet. Die meisten anderen tumben Eber können gar nicht schreiben...
Auch aus Steinen, die Dir in den Weg gelegt werden, lässt sich etwas Schönes bauen.


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Der Weg ins Ungewisse - von DerWildeWolf - 25.01.2012, 15:22
RE: Der Weg ins Ungewisse - von Boomer - 25.01.2012, 16:26
RE: Der Weg ins Ungewisse - von DerWildeWolf - 25.01.2012, 16:51
RE: Der Weg ins Ungewisse - von Boomer - 25.01.2012, 17:03
RE: Der Weg ins Ungewisse - von Rabenaas - 25.01.2012, 17:34
RE: Der Weg ins Ungewisse - von DerWildeWolf - 25.01.2012, 17:37
RE: Der Weg ins Ungewisse - von DerWildeWolf - 25.01.2012, 18:47
RE: Der Weg ins Ungewisse - von Boomer - 25.01.2012, 19:02
RE: Der Weg ins Ungewisse - von DerWildeWolf - 26.01.2012, 15:58



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