(31.05.2009, 01:14)qapla schrieb: Schert man sich ums Gejammer, ists falsch.Die Antwort ist ganz simpel: Von allem das richtige Maß. Man kann es nie allen Recht machen und es gibt sicher auch für Antamar keine perfekten Lösungen, aber ein spielbaren Fantasy-Rollenspiel braucht dich Logik genauso, wie auch Unlogik. Zwei Beispiele:
Schert man sich nicht drum, ists auch falsch.
Will man Unlogik vermeiden, ists falsch.
Lässt man sie zu, ists auch falsch.
Was denn jetzt? Gerade hier wird doch über JEDEN Punkt der Logik gemeckert, und noch mehr, wenn das keine Wirkung erzielt.
Wenn den Einzelhelden im Orkland auf jeder Strecke (ca. 1 Ingame-Monat) einmal 2 dutzend Orks überfallen, niederschlagen, ohne daß es eine Siegchance, gibt und bis aus die Unterhose (wenn der Spieler RP'ler ist und seinem Helden eine angezogen hat) ausrauben, dann ist das sicher logisch. Denn die Orks sind in der Überzahl und sie verteidigen ihr Land gegen ständig maraudierende Helden. Allerdings wäre das in einem spielbaren Rollenspiel ziemlich unangebracht, jedes Gejammer wäre berechtigt. Hier ist ein Stück Unlogik angesagt.
Wenn ein Einzelheld ausgeraubt wird und nicht die (wertvollere) Beute, sondern die (wertloseren) Alltagsgegenstände, deren Mitführen das Spiel aber (technisch oder aus RP-gründen) verlangt, wegkommen, dann ist das unlogisch. Hier will man mehr Logik. Natürlich nicht so viel, daß die goldene Antamar-Medaille um den Hals (die ja unwiederbringlich ist) mitabgenommen wird, aber eben doch soviel, daß die 12 Blutsägen mitgenommen werden und nicht das Waffenpflegeset und der das seltene Buch (das die Orks eh nicht lesen können). Der eigentliche Ärger kommt nicht durch die Unlogik, sondern weil dauernd einfachste Dinge neu besorgt werden müssen. Daß dies auf unlogische Weise geschieht, verstärkt den Ärger, ist aber nicht der eigentliche Grund.
Um "Gejammer" sollte, man sich nicht in der Weise scheren, daß man ihm sogleich oberflächlich abzuhelfen sucht. Aber gejammert wird auch nicht nur grundlos. Viel Gejammer hat einen wahren Kern, weshalb man sich immer fragen sollte, ob es nicht tatsächlich ein Problem gibt, das die Leute zum Jammern bringt und dem abgeholfen werden sollte.
Meines Erachtens ist eine der Kernfragen, die Antamar sich selbst und irgendwann auch seinen Spielern beantworten sollte die, wie man eigentlich als Abenteurer erfolgreich sein soll. Kampfschulen und Lehranstalten waren früher mal als Zubrot gedacht, heute kommt man ohne sie nicht mehr aus. Mit Arbeiten ist es ebenso, die sollten helfen, damit Helden wieder auf einen grünen Zweig kommen, nachdem die Waffe weg ist. Heute kommt man ohne nur noch extrem langsam voran. Folglich haben viele Helden vor lauter Arbeit gar nicht mehr die Zeit, sich ein Schwert klauen zu lassen.
Das Spiel heißt "Abenteurer und Ordenskrieger" und doch bietet es Abenteurern kaum Raum, sich zu entwickeln, weil die AP-Vergabe zu den Steigerungskosten (aller Verringerung der Degression zum Trotze) in einem krassen Mißverhältnis steht. Calesca berichtet nicht zu unrecht, daß selbst im Orkland Begegnungen kaum mehr, als 4 AP bringen, wenn man eine gewisse Stufe erreich hat. Außerhalb des Orklandes sieht es noch dürftiger aus. Mag sein, daß es in den Tekkaio-Reichen besser ist, aber genügt das? Denkt Euch mal für einen Moment Kampfschulen und Lehranstalten ganz weg und fragt Euch, wie zäh das Leben eines Helden ab Stufe 40 (spätestens) wohl werden wird. Und mit Stufe 40 ist man noch nicht viel auf Antamar.
Die Questen sind nur sehr teilweise eine Lösung. Die meisten, die ich hatte, haben nicht sonderlich viel AP gegeben (die letzte 2 AP). Und wenn es mal 50 oder 200 AP waren, dann in Questen die man einmal pro Heldenleben bekommen kann. Ich bin sicher, so werden sich alle Questen schneller verbrauchen, als man die für Steigerungen notwendigen AP zusammenbekommt. So viele verschiedene AT-trächtige Questen können gar nicht eingebaut werden, als daß sie bei diesem System eine ernstliche Lösung wären. Die Orkhöhle scheint einigermaßen lohnend (und mehrfach besuchbar) zu sein. Aber auf's Ganze gesehen ist auch sie nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Das Orkland soll hart sein, weil für High-End-Helden gedacht, aber dabei ist noch nicht einmal dieses Gebiet AP-mäßig wirklich ertragreich (im Verhältnis zu den Steigerungskosten). Nur kann man dort als Kämpfer halt Beute für die Kampfschule machen. Alle anderen Gebiete, die weniger hart sind, bringen noch weniger. Kein Wunder, daß die nicht als ernstzunehmende Alternative angesehen werden.
Das Problem ist nicht das Orkland, das Problem sind die mangelnden Alternativen. Die Steigerungskosten wurden erhöht, die AT/PA-Berechnungsformeln halbiert, die Voraussetzungen für Sonderfertigkeiten höher... all das sollte mehr Langzeitmotivation bringen. Gut, das kann man vertreten. Aber es gibt eben auch ein Zuviel des Guten und das ist erreicht, wenn man teilweise über 1000 AP für eine einzelne Steigerng braucht und in der Wildnis kaum mehr als 4 AP für eine ZB bekommt.
Für meinen Gelehrten-Helden ist die Situation mittlerweile - oder besser gesagt: momentan - recht zufriedenstellend. Er ist von vornherein darauf eingestellt, nicht zu reisen. Wer aber auf Dauer einen echten Abenteurer spielen will, der braucht ein dickes Fell auf Antamar.
Ich behaupte einfach mal, daß das Arbeiten/Kampfschule/Arbeiten/Kampfschule/Arbeiten/Kampfschule-System den meisten Spielern eher sehr wenig Spaß macht. Da der - im Grunde richtige - extensive Ausbau dieser Möglichkeiten aber die einzige Form der Kompensation für die drastische Verlangsamung des "Heldenerfolges" (in DSA-Antamar war ich mit Stufe 40 erfolgreich, im heutigen Antamar bin ich es erst mit Stufe 100+) ist, wird das Abenteurerleben zum Luxus: Es bringt kaum Fortschritt und "kostet" zudem noch Ruhm. Damit geht die Motivation auf Dauer flöten. Geht man vom Abenteurer-Leben aus (also ohne Kampfschulen und Lehranstalten), dann würde ich es so sagen: Das endlose Herausschieben der Entwicklung zum in der Welt überwiegend erfolgreichen Abenteurer-Helden allein, bringt zwar eine Langzeit-Spielbarkeit (man erreicht das "Ende" erst nach Jahren), aber keine Form der Motivation, vor allem mangelns kontinuierlicher kurz- und mittelfristiger Erfolge.
Daß darüber heute wenige Jammern, liegt daran, daß die Kampfschulen und Lehranstalten dieses Problem ein Stück weit verdecken. Da sie aber sehr viel Geld kosten und das neben langweiligen Reisen nur durch Handel oder Orklandreisen erwirtschaftbar ist, wird das Gejammer größer, desto mehr ihr diese Möglichkeiten erschwert: Handelsgewinne werden durch erhöhte Kutschen- und Schiffspreise (Lastzulage) aufgefressen und ins Orkland kann sich nur noch der High-End-Held trauen. Ich bin sicher, daß auch Ihr die AP Eurer Helden (seit der Antamar-Umstellung) zum größten Teil in Kampfschulen und Lehranstalten erklickt habt. Insofern ist das Jammern über den Berserker nur Symptom einer tiefer liegenden, strukturellen "Krankheit" von Antamar.
Da liegt meines Erachtens der Säbelzahnhase im Pfeffer. Das ist das Kernbproblem des jetzigen Antamar (nachdem die Probleme für Gelehrten-Helden - das muß man auch mal sagen - weitgehend behoben wurden), das einer dringenden Abhilfe bedürftig wäre. Ich hoffe immernoch, daß das an verantwortlicher Stelle irgendwann erkannt wird.
"Haut die Säbel auffe Schnäbel."