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Naturschutz in Selbstjustiz - ethisch gerechtfertigt?
#6
(12.10.2009, 06:35)Calesca schrieb: Über den hab ich neulich ein ziemlich interessantes Interview gelesen ... wo war das denn? Stern oder Neon, wenn ich mich nicht ganz täusche.
Neon. ;)

(12.10.2009, 03:24)Boneman schrieb:
(22.05.2009, 20:07)Rabenaas schrieb: Ist es ethisch gerechtfertigt, das Gesetz selbst in die Hand zu nehmen und Naturschutz selbst durchzusetzen, wenn kein Staat sich zuständig fühlt?

Ich hab mir den von dir verlinkten Film zwar nicht angeschaut, aber gerade einen anderen und da ist mir dieser Thread wieder eingefallen, auf den ich mal spontan antworten muss: Ja.

So kann man das natürlich nicht stehen lassen. ;) Deshalb jetzt etwas ausführlicher. (Wie gesagt, meine Meinung ist unmittelbar durch den Film beeinflusst, den ich gestern gesehen habe.)

Also, noch einmal: Ja. In allerletzter Konsequenz irgendwie schon. Die Frage ist "dilemmatischer" gestellt, als ich sie im Moment sehe. Ich versuche mal, sie in etwas einfachere Häppchen aufzuteilen:
Ist es ethisch gerechtfertigt, gegen etwas oder jemanden vorzugehen, der unethisch (also ethisch nicht gerechtfertigt) handelt? Ich würde sagen: ja.
Als nächstes stellt sich wohl die Frage nach der so genannten "Verhältnismäßigkeit". Ist es verhältnismäßig, die Schiffe von Walfängern und Robbenjägern zu versenken, um eine Tierart vor dem Aussterben zu retten? (Es geht also um Profit vs. Artenschutz.) Ich würde sagen: ja.

Auch beim Problem der Selbstjustiz kann ich hier locker beide Augen zudrücken. Es kann einfach nicht angehen, dass eine Gruppe von Menschen eine Art Genozid an einer Tierart verübt, weil sie daraus finanzielle Vorteile zieht.
Dass primär die Walfänger gegen Gesetze und Übereinkommen verstoßen, macht das alles noch viel einfacher.
Ich zitiere mal einen kurzen Abschnitt aus dem Neon-Interview mit dem Gründer der "Sea Shepherds":
Neon schrieb:Aber niemand sonst, kein Jurist und keine Regierung, glaubt, dass die Charta ["Weltcharta für die Natur" der Vereinten Nationen] verbindlichen Charakter hat. Das ist das Problem: Regierungen sind gut darin, zusammenzukommen und Vereinbarungen zu treffen. Aber dann ignorieren sie ihre eigenen Beschlüsse. [...] Wir von "Sea Shepherd" glauben, wir sollten diese Gesetze ernst nehmen. Ich habe die "Charta zum Schutz der Natur" einmal als Verteidigung vor Gericht in Kanada benutzt, nachdem ich spanische und kubanische Schleppnetzfischer von den Grand Banks vertrieben hatte. Wegen drei Anklagepunkten stand ich vor Gericht. Ich verteidigte mich mit der UN-Charta. Kanada hat eine Juraprofessorin geschickt, die ausgesagt hat, dass die Charta im kanadischen Recht keine Anwwendung findet. Und der Richter fragte sie: "Hat Kanada das unterschrieben?" Und sie sagte: "Ja, ja, aber Kanada unterschreibt eine Menge Sachen." Der Richter sagte: "Wenn Kanada das unterschrieben hat, dann werde ich die Jury anweisen, das in die Beurteilung einzubeziehen." Ich wurde freigesprochen.
Der Richter ist konsequent, die Sea Shepherds sowieso, die kanadische Regierung nicht.

Tatsache ist: Wenn ein Staat so etwas unterschreibt, muss er auch danach handeln. Wenn er das nicht tut, stiehlt er sich klammheimlich aus seiner Verantwortung und begeht Vertragsbruch. Aber wer bestraft den Staat, wenn niemand dafür zuständig ist bzw. die Zuständigen kein Interesse daran haben? Wer übernimmt die Verantwortung?

Noch ein Zitat aus dem Interview:
Neon schrieb:In unserer heutigen Welt kommen die Interessen des Handels vor den Gesetzen der Umwelt. Oder den Menschenrechten. Warum sagen die USA: "Mit Kuba darf es keinen Handel geben, das ist ein kommunistisches Land", aber China ist okay? Weil China Geld hat.

Den "Sea Shepherds" kann man jedenfalls nicht vorwerfen, verantwortungslos zu handeln. Denn sie sehen sich ja gerade verantwortlich dafür, Tiere und Natur zu schützen - und sie tun auch etwas.

Es ist ja nicht so, als ginge es bei dieser Form der Selbstjustiz darum, dass man jemanden umbringt, weil er einem das Spielzeug geklaut hat oder sowas.
Wenn man die großen Zusammenhänge beachtet, in denen das alles stattfindet, wird das sehr viel eindeutiger. Wie oben schon angedeutet: Es geht darum, die Ausrottung einer Spezies, sozusagen eine Art Genozid, zu verhindern.
Wem das noch nicht reicht, der kann sich überlegen, welche Folgen das Verschwinden dieser Art für das Ökosystem der Region bzw. der ganzen Welt haben könnte. Wer dann meint, dass diese Folgen durchaus vertretbar wären, maßt sich aber Kompetenzen in Sachen "Schöpfung" an, die eigentlich keinem Menschen zustehen. Behaupte ich jedenfalls. ;)

Fazit:
Solange diese Leute die Schiffbrüchigen aus dem Wasser ziehen, nachdem sie ihre Boote versenkt haben, finde ich das Ganze "voll okay". Wenn sie aber irgendwann anfangen, die Leute ertrinken zu lassen, dann wird die Sache sehr viel komplizierter. (Es sei denn, es wird auf die "Sea Shepherds" geschossen und sie müssen sich in Notwehr verteidigen.)

Das Interview ist wirklich gut. Schade, dass es nicht im Netz steht. Noch ein letztes Zitat:
Neon schrieb:Warum tun Sie es? Weil es effektiv ist.
Ich meine, woher kommt der Wille? Jemand muss etwas tun! Und ich kann die meisten Organisationen nicht verstehen, die nichts tun außer Meetings abzuhalten, Petitionen zu schreiben, Konferenzen zu veranstalten und Banner aufzuhängen. Was soll das verändern? Die Leute werden nicht aufhören, Wale zu fangen, nur weil jemand ein Banner aufgehängt hat. Nicht, solange sie Geld verdienen.
That's it.

(Dieses Thema wäre, ganz nebenbei, auch wieder ein Prima Aufhänger für eine Grundeinkommensdiskussion. ;))
Great people care.
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RE: Naturschutz in Selbstjustiz - ethisch gerechtfertigt? - von Boneman - 12.10.2009, 16:47
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