Fußball-WM 2010 in Südafrika

[Kunar]

Den Zwölfen zum Gruße!

Wenn man den Titel holt, ist das Wie egal. Oder wer außer den Argentiniern fragt heute noch danach, ob der Foulelfmeter beim WM-Finale '90 für Völler wirklich berechtigt war?

Oh, derbe Fehleinschätzung! Im Rückblick wird noch heute bemängelt, wie torarm und kartenreich die WM 1990 war und wie langweilig das Finale. Solche Kleinigkeiten vergessen die Chronisten nicht. Gerade das "wie man den Titel holt" behalten die Kenner im Gedächtnis!

Aber wer auf Sieg spielt, handelt sich auch schneller Konter und damit ggf. eine Niederlage ein. Ich hoffe, daß Du Recht behalten wirst, aber ich sehe dennoch die Gefahr, daß auch Mexiko der Spatz in der Hand lieber ist...

Du musst dabei berücksichtigen, dass die Mexikaner sich sogar eine Niederlage leisten können. Ihre Tordifferenz ist mit +2 besser als die von Frankreich (-2) und Südafrika (-3). Wenn Mexiko verliert und Südafrika oder Frankreich gewinnt, dann müssen letztgenannte dabei die Tordifferenz aufholen. Sprich: Verliert Mexiko 0:2, muss Frankreich 3:0 gewinnen (oder Südafrika 4:0). Mit jedem geschossenen Tor von Mexiko wird das außerdem schwieriger, weil ja bei gleicher Tordifferenz noch die erzielten Tore zählen. Ein 1:3 ist also besser als ein 0:2 usw.

So etwas ist z.B. in der Vorrunde des Konföderationenpokals 2009 eingetreten.

Und ich dachte, Dich interessierten nur EM's und WM's.

Die Spiele habe ich nicht so sehr mitverfolgt, das fiel für mich in die Berichterstattung zur WM 2010. Da das Turnier inzwischen immer ein Jahr vor der WM im Land des kommenden Gastgebers stattfindet, gab es natürlich immer wieder Fragen wie "Ist Südafrika bereit zur WM?". Es hätte mir auch völlig egal sein können, wenn der Vorrundenverlauf nicht so kurios gewesen wäre. Unter anderem hat Weltmeister Italien gegen Ägypten verloren!

Aber im Ernst: Es ist beeindruckend, was Du alles für Daten, Fakten und Details aus vergangenen Turnieren beisteuerst. Hätte ich so gewiß nicht parat, ist aber immer wieder interessant zu lesen.

Das ist sogar noch recht wenig im Vergleich zu echten Fußballexperten (die nicht einmal die glühendsten Fans sein müssen). In diesem Zusammenhang muss ich die vielgescholtene Wikipedia loben: Die Artikel zu Welt- und Europameisterschaften finde ich sehr gut! Man kann einfach eine Menge nachlesen und erfährt so manche Anekdote, die in reinen Statistiken nicht auftaucht.

Naja, wegstecken und gegen Ghana besser machen. Ein Sieg dort sollte ja ausreichen, um weiter zu kommen.

Ich werde das morgige Spiel abwarten, bevor ich mich zu Prognosen hinreißen lasse. Auch Ghana muss zudem erst einmal besiegt werden...

Sagen wir mal, die Position als Mitfavorit auf den Weltmeistertitel hat Deutschland mit dem heutigen Tage ganz sicher erstmal einbebüßt. Verloren ist aber noch nichts. Es ist noch Steigerungspotential da und auch die Spieler auf der Bank sind ja keine völligen Nieten (von Einzelfällen abgesehen).

Ganz ehrlich: Wer Deutschland nach dem ersten Spiel gleich als hohen Favoriten gesehen hat, der kennt Turnierverläufe nicht. Da ist schon alles vorgekommen!

Deutschland gegen Serbien habe ich nicht sehen können, aber der Ticker zum Nachlesen und die Zusammenfassung erwecken den Eindruck, als wäre das auch ganz gut so gewesen. Erinnert mich an das Spiel gegen Kroatien, das ich auch verpasst habe.

Klar, ein farbenfreudiger Schiedsrichter kann den Spielfluss kaputtmachen. Siehe Deutschland - Kamerun 2002; eine WM, bei der Klose übrigens dabei war. Andererseits kann man solche Spiele dennoch gewinnen (siehe Serbien heute); sogar zu zehnt (siehe Deutschland 2002). Positiv zu vermerken ist sicher, dass die deutsche Mannschaft nicht aufgegeben hat nach der roten Karte (wie im Viertelfinale 1998 gegen Kroatien, Endstand 0:3), sondern immer Chancen herausgespielt hat. Am negativsten zu bewerten ist sicherlich die Chancenauswertung - und die wurde ja auch nach dem Australienspiel hier im Forum an vorderster Stelle genannt. Wir wissen jetzt, dass die deutschen Spieler nach einem Rückstand nicht völlig resignieren; allerdings bringt es auch wenig, unkoordiniert hohe Bälle nach vorne zu spielen. Hektik macht unpräzise, das kann man sich in so einer Situation nicht leisten. Ich fand es kurios, wie sich Torwart und ein Abwehrspieler gegenseitig im Weg standen, als das Gegentor fiel. Bezeichnenderweise blieb der Torschütze ungedeckt. Man mag sich über den Schiedsrichter oder einen vergebenen Elfmeter ärgern, aber verloren ist verloren, da kann man sich noch so lange drüber aufregen.

Schwer abzuschätzen, ob diese (wenigstens knappe) Niederlage der aufrüttelnde Warnschuss vor den Bug oder der Anfang vom Ende war. Bei der EM 2008 hatte die deutsche Mannschaft ja zwei Gesichter: Mal spielte sie schön, mal erschreckend einfallslos. Hoffen wir, dass das heutige Spiel nur ein heilender Dämpfer war. Den jungen Spielern würde ich es gönnen, noch mindestens drei Spiele zu machen.

Umso spannender wird die Partie Ghana - Australien. Eigentlich sollte man den Australiern die Daumen drücken und hoffen, dass sie gewinnen. Dann hätten alle drei Punkte und Deutschland bliebe Tabellenführer, solange Australien nicht 8:0 (so wie Deutschland - Saudi Arabien 2002) gewinnt.

Zu den anderen beiden Spielen, in denen die späteren Achtelfinalgegner auftraten: Beachtlich wieder die Amerikaner, die aus einem 0:2 noch ein 2:2 machten (ähnlich wie Deutschland - Jugoslawien 1998). Wenn man berücksichtigt, dass ihnen ein Tor wegen angeblichem Abseits aberkannt wurde (was zwei Punkte kostete), darf man über das Deutschlandspiel und irgendwelche Knöcheltritte gegen Gomez nicht meckern. Das Spiel muss wohl recht schön anzusehen gewesen sein. Mit der Punkteteilung sind beide noch im Rennen.

England - Algerien hingegen scheint ein Spiel der Kategorie "Not gegen Elend" gewesen zu sein. Natürlich freut einen das 0:0, kurz nachdem der Engländer Rooney gesagt haben soll, er würde gerne Deutschland aus dem Turnier schießen. England steht jetzt mit dem Rücken zur Wand. Dennoch können sie den Achtelfinaleinzug noch locker aus eigener Hand schaffen. Allerdings müssen sie gegen Slowenien gewinnen. Bei einer Niederlage sind die automatisch draußen; bei einem Unentschieden müssen sie auf ein Unentschieden im anderen Spiel hoffen und gleichzeitig den 2-Tore-Vorsprung der Amerikaner aufholen. Hier könnte sich die Torarmut der zweiten Partie so richtig rächen. Vielleicht ist das jedoch ganz nach dem Geschmack der Engländer: Gewinnen oder praktisch sicher rausfliegen, also recht klare Regeln. Slowenen und Amerikaner würden als Achtelfinalgegner alles andere als leichte Kost: Die Slowenen können, wie sie heute bewiesen haben, durchaus schön spielen; die Amerikaner sind kämpferisch.