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Fiktive Welten
#3
Ein sehr schönes Thema sprichst du an. :) Allerdings kann ich dir keine Top 5-Welten nennen, dafür aber Top 5-Kriterien für eine gelungene fiktive Welt.

-Schlüssigkeit: die einzelnen Elemente, die in dieser Welt vorkommen, sollten aufeinander abgestimmt sein
-Objektivität: Grundsätzlich sollte jede Kultur gut oder böse sein können
-ideale Mischung aus Vorgabe und Freiraum: einige Orte sollten gut ausgearbeitet sein, andere sollten Freiheiten für eigene Gestaltung lassen
-mal was Unerwartetes: z.B. mal die Arktis vom Rand in die Mitte des Planeten versetzen oder im DSA-Metaplot Gareth zerstören lassen.
-Lieblings-Genre: Frühes Mittelalter. Das 8. Jahrhundert ist mein persönliches Favorite-Zeitalter für Fantasy-Rollenspiele. Hat damit zu tun, dass die Schicksalsklinge mein Einsteiger war.


Ideal gelungen finde ich den Nordwesten Aventuriens für sich allein betrachtet - sprich Thorwal und das Orkland. Beide Kulturen sind im frühen Mittelalter angesiedelt. Als großes Plus sehe ich, dass selbst den Orks mit "Reich des Roten Mondes" ein in sich schlüssiger Hintergrund mitgegeben wird. Außerdem werden die Orks nicht als per se böse dargestellt, sondern als eine Jäger- und Sammlerkultur. Das macht sie zu Menschen, obwohl sie keine sind und richtig Lust, einen Ork zu spielen. Auch die Thorwaler haben ihre Anreize: Dadurch, dass sie Vertriebene des Güldenlands sind, sind sie auch gleichzeitig kein 1:1-Abklatsch der Wikinger. Mit Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau und Liebe zu Walen und Delphinen vereinigen sie auch noch neuzeitliche Elemente mit dem Hintergrund der Wikinger.


Leider kann ich dieses Lob nicht für ganz Aventurien aussprechen. Denn betrachtet man den Kontinent als Ganzes, so erscheinen die zuvor so mächtig und neben Thorwalern gleichberechtigt wirkende Orks eher wie unterlegene Indianer, die von den Küsten verdrängt und von den Weißen in Reservate gesteckt wurden. Sowas legt sich einfach ziemlich auf Kosten des Spielspaßes nieder. Da hilft auch kein Metaplot, wenn alles vorhersehbar ist. Orkensturm und Dämoneninvasion hilft nichts, die Welt ist fest in menschlicher Hand. Das heilige Gareth darf nicht erobert werden. Warum eigentlich nicht? In Herr der Ringe wurde ja auch die alte Hauptstadt, Osgiliath, plattgemacht und den Raben überlassen. Wäre doch mal was Neues.
Außerdem ist Aventurien viel zu dicht besiedelt. Das Reichsstraßensystem gleicht überspitzt gesagt dem Netz unserer Bundesautobahnen. Den größten Nachteil, den ich in Gesamtaventurien sehe, ist jedoch ein anderer: Der Kontinent ist mir in zu vielen Zeiten angelegt. Wenn wir unsere Reise im Norden beginnen, finden wir Gjalskerländer vor, die zeitlich gesehen im 4./5. Jahrhundert in den schottischen Highlands angesiedelt sind. Weiter westlich befindet sich Thorwal (8./9. Jahrhundert), wo Wikingerschiffe kreuzen und die Menschen bereits in Ottaskins leben. Südöstlich davon liegt das Mittelreich (12./13. Jahrhundert), wo Ritter und Burgen typisch sind. Westlich davon liegt das hanseatisch angehauchte Nostria (14./15. Jahrhundert), dessen Patrizierhäuser schon deutlich fortgeschrittener wirken und dessen Häfen von Koggen angelaufen werden. Südlich davon liegt das Horasreich (16./17. Jahrhundert), wo bereits wie bei D'Artagnan mit Mantel und Degen gekämpft wird. Hinzu kommt, dass der ganze Kontinent nur halb so groß wie Europa ist. Demnach müssten zwischen Musketen-Horasreich und Barbaren-Thorwal maximal 14 Tagesmärsche liegen. All das zusammen ist mir zu unübersichtlich und zu unrealistisch. Wenn sich das auch noch vermischt, hat das dann für mich nichts mehr mit Flair zu tun. Beispiel gefällig: In AFDZ erhält man den Auftrag (auch möglich, wenn man einen Barbaren spielt!!!), eine Taschenuhr zu finden. Hallo?!? Woher soll ein Barbar wissen, was eine Taschenuhr ist? :rolleyes: Warum nicht gleich eine Zahnbürste? Auch wenn in Aventurien viele Kulturen dargestellt werden (z.B. Nivesen - Finnland, Norbarden - Russland), die Rollenspielkultur schlechthin fehlt - England. In England ist eine Mischkultur aus Kelten, Römern, Angeln, Sachsen und Normannen - und das schon in frühen Jahren. Sowas fehlt in DSA komplett. Hier ist jeder für sich in seiner Zeit gefangen.
Die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, die sich in Thorwal so gut liest, wird in Gesamtaventurien dadurch relativiert, dass die "Gegner" wieder fast ausnahmslos männlich sind. Zu einer 1000-Ogerinnen-Schlacht ist es meines Wissens bislang jedenfalls noch nicht gekommen. Alles zusammen ist das der Grund, warum mein Aventurien am Ingval aufhört.

Aber, wie gesagt: Thorwal und Orkland für sich sind ideal! Das ist meine Lieblings-Fiktive-Welt. Deshalb an dieser Stelle nochmal ein großes Lob an die Autoren von "Unter dem Westwind" und "Reich des Roten Mondes".
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Nachrichten in diesem Thema
Fiktive Welten - von Silencer - 03.07.2013, 22:44
RE: Fiktive Welten - von Rabenaas - 04.07.2013, 10:03
RE: Fiktive Welten - von Fíonlaighrí - 04.07.2013, 20:01
RE: Fiktive Welten - von Silencer - 04.07.2013, 20:38
RE: Fiktive Welten - von aeyol - 05.07.2013, 11:47
RE: Fiktive Welten - von Hendrik - 05.07.2013, 12:44
RE: Fiktive Welten - von Mandur - 05.07.2013, 20:15
RE: Fiktive Welten - von Fíonlaighrí - 05.07.2013, 23:23
RE: Fiktive Welten - von Silencer - 06.07.2013, 12:08
RE: Fiktive Welten - von Fíonlaighrí - 06.07.2013, 13:40
RE: Fiktive Welten - von Silencer - 06.07.2013, 21:52
RE: Fiktive Welten - von Alexander von Gareth - 06.07.2013, 20:58
RE: Fiktive Welten - von Alexander von Gareth - 06.07.2013, 10:20
RE: Fiktive Welten - von Fenris - 06.07.2013, 15:18
RE: Fiktive Welten - von Boronar - 06.07.2013, 19:34



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