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Zur Entwicklung von DSA und seiner Fangemeinde
#7
Sehe ich genauso, die Welt ist die große Stärke von DSA, weniger die Regeln. Besser so als andersrum, denn die Regeln sollten sich eigentlich reparieren lassen, wohingegen eine Welt mit ihrer atmosphärischen Tiefe langsam wachsen muss.

Nachvollziehbare Kritikpunkte an DSA3 waren u.a. der immense Glückseinfluss bei der Heldengenerierung und Stufenanstiegen, sowie die riesige Anzahl an LE, die höherstufige Helden erreichen, mit der Folge, dass Kämpfe sich in die Länge zogen und lange nicht so riskant waren wie es im echten Leben eigentlich sein sollte, nämlich dass jeder Treffer fatal sein kann.
DSA4 hat diese Punkte recht gut behoben, aber gleichzeitig zu einer übergroßen Komplexität einer starken Verregelung aller noch so kleinen Begebenheiten geführt, was den Fokus von der eigentlichen Stärke von DSA -- der Welt -- ablenkt und somit taktisch einfach unklug ist.
DSA5 versprach alles besser zu machen, war anfangs auch recht vielversprechend, hat sich aber mittlerweile wieder in einem Kleinklein verheddert.

Ein grundlegendes Problem dürfte sein, dass aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus kein Anreiz für eine echte Vereinfachung besteht. Lieber jedes Jahr x Erweiterungen mit zunehmend ausufernden Regeldetails verkaufen, als einen überzeugenden, alles abdeckenden Regelband. Offenbar gibt es wohl eine größere Gemeinde alternder Fans (so weit sieht man das ja auch an diesem Forum...), die sich jede noch so fragwürdige Neuerscheinung kaufen und pro jahr Tausende von Euro für ihr altes Hobby ausgeben, ohne die Sachen jemals zu spielen oder auch nur zu lesen, geschweige denn kritisch zu hinterfragen. Und Ulisses auf der anderen Seite nutzt das schamlos aus, indem sie die entsprechenden Produkte am Fließband produzieren. Einzeln erwerbbare zusätzliche Spielkartensets, Schicksalssteine, Tischdecken und massenweise weiterer Krempel, man kann sich das in geraffter Form z.B. hier anschauen. Wohlgemerkt, das ganze Zeug bezieht sich rein auf die Thorwal-Regionalbox. Für die nächste Box gibt es den entsprechenden Schotter wieder neu zu kaufen. (Das verlinkte Video halte ich auch insgesamt für recht empfehlenswert, schließlich zeigt es, wie unser geliebtes Thorwal in DSA5 angegangen wurde.)

Das alles gefällt mir nicht so richtig. Die Zielgruppe sind nicht mehr so sehr die Jugendlichen und die jungen Leute, wie wir es früher mit DSA3 erleben durften, sondern eher die alten Herren und insbesondere deren ebenfalls gereifter Geldbeutel. Das mag wirtschaftlich recht schlau sein, aber ich glaube nicht, dass es DSA als ganzem langfristig gut tut.

Ich bin überhaupt nicht der Meinung, dass die Gründer Kiesow & Co. perfekt waren und danach niemand vergleichbares mehr nachkam. Vielmehr scheint mir die (bisweilen auch recht unkonventionell abgelaufene) dynamische Kontinuität unter den Autoren Teil des Erfolgsmechanismus von DSA gewesen zu sein. Die Ausstrahlung der Welt und des Spiels sorgte dafür, dass viele begabte und hochmotivierte Leute (Hadmar v. Wieser, Lena Falkenhagen, Thomas Römer, Jörg Raddatz usw.) von selbst auf der Matte standen und sukzessive eingebunden wurden. Allem Anschein nach hat diese Kontinuität einen größeren Bruch erlitten. Viele der alten Hasen standen der Entwicklung, die DSA bei Ulisses genommen hatte, zunehmend kritisch gegenüber und verließen das sinkende Schiff (oder wurden aufgrund ihrer unbequemen Meinung wohl auch aktiv vergrault).

Vielleicht sehe ich die Sache ja zu pessimistisch, aber letzteres ist meiner Meinung nach das schwerwiegendste Problem. Um die -- ich wiederhole mich -- große Stärke von DSA, nämlich die Welt, überzeugend weiter fortzuschreiben, braucht es aber genau diese Kontinuität. Es braucht Leute mit dem entsprechenden Überblick, die dafür brennen, das ganze weiterzuführen und auch die entsprechende Freiheit dafür bekommen. Sonst wird alles zunehmend beliebiger Fantasy-Einheitsbrei.

Irgendwie ist das ist alles wahnsinnig schade.
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RE: Zur Entwicklung von DSA und seiner Fangemeinde - von siebenstreich - 24.08.2021, 11:28



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