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Baldur's Gate 2: Spielmechanik, Strategien, Unterschiede zu BG I, Bewertungen u. a.
#1
Nach längerem Bedenken habe ich mich entschlossen, hier einen allgemeinen Baldurs Gate 2-Thread (entsprechend dem Baldurs Gate 1-Thread im Parallelbereich) zu eröffnen für Diskussionen über übergeordnete Themen, die keine spezielle Queste und kein einzelnes Spielgebiet betreffen. Das hat den Vorteil, dass man allgemeine Überlegungen, wie bestimmte Dinge funktionieren, welche Zauber nützlich sind, was ganz anders als in BG I funktioniert oder welche Sachen einem mehr oder weniger gefallen, abgehoben von den Spielberichten zu den einzelnen Gebieten und Questen diskutieren kann. Solche Punkte können dort nämlich einerseits leicht untergehen, andererseits aber vielleicht auch den Lesefluss stören.

Beginnen möchte ich einfach mal mit ein paar Gedanken zu Umständen, die mir nach dem Erkunden der meisten Stadtgebiete von Atkatla und Abschluss der ersten auch umfangreicheren Questen unterdessen aufgefallen sind.

Jeder User ist eingeladen, diese in diesem Thread zu kommentieren, erweitern oder ergänzen sowie eigene Gedanken, Fragen oder Kritiken beizusteuern. Ich möchte dies ausdrücklich nicht als "meinen Thread" im Zusammenhang konkret nur mit meinem eigenen Spieldurchlauf verstehen, wenn meine Gedanken zu BG II natürlich zunächst in allererster Linie auf diesem beruhen. Gut wäre es allerdings, wenn jeder kenntlich machen würde, ob er über die Classic Edition oder die Enhanced Edition schreibt. - Dass ich derzeit die Classic Edition spiele, dürfte allegemein bekannt sein, stelle ich hier aber nochmals voran.


Zunächst zu ein paar bemerkenswerten Unterschieden zu BG I, die man stets berücksichtigen sollte:

- Bei Stufenanstiegen bekommen die Helden sehr viel weniger HP dazu, in der Regel nur noch einen oder zwei. Damit ist der natürliche Machtzuwachs aus dem Helden heraus deutlich geringer. Dies wird auch dadurch verschärft, dass das Fähigkeitssystem partiell verändert wurde. Die Waffen sind nun in viel mehr Fertigkeiten unterteilt. Zwar sind neue Waffen gegenüber BG I Classic Edition hinzugekommen (z.B. Katanas) und auch die Kampfstile, die weitere Boni bringen können. Gleichwohl kann man mit ein und derselben Fähigkeit nun viel weniger verschiedene Waffen führen. Für das gleiche Waffenspektrum bräuchte man umgekehrt also viel mehr Spezialisierungspunkte (die man aber nicht hat). Ebenso ist es beim Dieb, der nun Schleichen und Verstecken beherrschen muss, um sich erfolgreich im Schatten verstecken zu können. Das ist effektiv eine Halbierung des Wertes (und der Boni hierauf durch Schattenrüstung, Stiefel "Leises Flüstern").

- Die Einführung der Klassen-Kits gegenüber BG I Classic und die damit verbundenen Boni machen die Helden aber natürlich auch wieder stärker. Der Säbelrassler ist ein durchaus passabler Nahkämpfer; das war der Dieb in BG I eher weniger (außer er nutzte den hinterhältigen Angriff, der aber eigene Gefahren barg).

- Die schwächeren Entwicklungsmöglichkeiten der Helden im Hinblick auf die Steigerung ihrer eigenen Kampfkräfte wird zudem dadurch kompensiert, dass BG II ersichtlich bereits in einem früheren Spielstadium sehr viel freigebiger auch mit mächtigeren magischen Gegenständen ist als BG I. War dort eine +2-Waffe das Höchste der Gefühle, gibt es nun sehr viel mehr Waffen, Rüsstungen und sonstige Ausrüstung mit weiteren Spezialeigenschaften. Vieles ist zwar zunächst nur zu hohen Preisen käuflich. Allerdings scheint die Geldbeschaffung kein allzu großes Problem zu sein. Meine Gruppe hat schon vor der vollständigen Erkundung von Atkatla ein Vermögen von über 90.000 GM (von denen 15.000 GM für Gaelan Bayle gebraucht werden) angehäuft. Das ermöglichst den Erwerb einiger nützlicher Gegenstände, wenn man das will.

- Die Edelsteinbeutel und Schriftrollenbehälter sind eine wohltuende Innovation. In der Classic Edition können sie aber jeweils nur 20 Stück fassen, gleichviel ob 20 verschiedene Gegenstände oder mehrere von einer Sorte.

- Das Plündern von Behältern ist in BG II ein viel größeres Risiko, da die Gefahr der Entdeckung nicht mehr mit dem Verlassen des Gebäudes gebannt werden kann, sondern auch bei der Rückkehr fortbesteht. Daher muss man sich immer gut überlegen, welcher Zugriff auf Truhen sich wirklich lohnt bzw. nötig ist. Dafür ist es insgesamt aber viel seltener, dass es Truhen gibt, bei denen sich NPC überhaupt an einem Zugriff stören. Das hängt allerdings auch stark damit zusammen, dass der Aufbau von Atkatla ganz anders ist als der von Baldur's Tor in BG I. Die Stadtviertel erheben nicht den Anspruch, in ihrer Gesamtheit die gesamte Stadt darzustellen. Vielmehr sind anscheinend überhaupt nur bedeutungsvolle Gebäude begehbar. Reine Privathäuser ohne Zusammenhang mit einem Spielgeschehen scheint es gar nicht mehr zu geben. Demgegenüber gibt es auch weniger zu plündern.

- Einige Zauber wirken völlig anders als in BG I. Magie bannen ist weitgehend wirkungslos geworden. Die mächtigeren Magier zaubern Schutzzauber, die damit einfach nicht gebannt werden können. Das Bannen derselben erfordert dann eine Vielzahl anderer Zauber. Überhaupt hat sich die Zahl der Zauber unglaublich erhöht gegenüber BG I. Das ist auf den ersten Blick reizvoll, macht aber das Vorgehen sehr schlecht planbar. Nicht nur, dass ein Magier einen in einer Situation nützlichen Zauber memorisiert - also vor der letzten Rast gewählt haben - muss. Er muss ihn überhaupt erst einmal in seinem Zauberbuch haben. Die NPC-Begleiter haben aber nun zumeist nicht IQ 18 (der böse Edwin schon). Aerie hat z.B. IQ 16, was bedeutet, dass sie nur 12 Zauber je Grad in das Zauberbuch schreiben darf. Für Grad 6 gibt es aber z.B. wohl mindestens doppelt so viele Zauber. Diese alle gezielt in den richtigen Situationen einzusetzen, ist ein Ding der Unmöglichkeit, so dass sich das tatsächlich genutzte Zauberrepertoire faktisch stark reduziert und man eher nach Workarounds sucht, die mit den aktuell verfügbaren Mitteln irgendwie hinhauen. - Allerdings steigt so schon der Reiz, das Spiel später mal mit einem Zauberkundigen zu spielen, der die Voraussetzungen hat, wirklich alle Zauber zu erlernen und ausreichend viele zu memorisieren.

Ebenfalls wirkt "Person bezaubern" nun völlig anders. Wenn er gelingt, kann man kein Gespräch mehr mit dem Bezauberten führen. Das war in BG I noch eine häufige Quelle vertiefter Informationen, auch für das Tagebuch.

Ein weiteres bedeutendes Beispiel ist das Beschwören von Tieren, Monstern oder Untoten. Konnte man Gegnergruppen oder starke Einzelgegner damit in BG I effektiv eine Weile beschäftigen oder auch sie mit der puren Masse an Helfern erdrücken, weil eine ausreichende Anzahl solcher je Zauber entstand, ist das nun nicht mehr der Fall. Es entstehen jeweils nur ein oder zwei Helfer. Das kann immernoch sehr nützlich sein, hat aber die hohe Bedeutung aus BG I verloren. Demgegenüber treten nun stärkere Helfer (Feuerelementare, Luftdiener) hinzu, die durch Immunitäten selbst individuell so stark sind, dass sie - auch ohne Masse - ganze Kämpfe allein für die Helden führen und gewinnen können.

- Die Interaktion zwischen den Gruppenmitgliedern, zwischen Gruppenmitgliedern und NPC sowie Wortmeldungen von Gruppenmitgliedern an den Haupthelden sind ein ganz großes Plus in BG II - und damit meine ich beileibe nicht alleine die Romanzendialoge (die auch ihre Kehrseite haben, weil man die Romanzen-Heldin nicht mehr einfach aus der Gruppe werfen kann/sollte). Wenn man sich allein anschaut, wie oft sich in Gespräche einzelne Gruppenmitglieder einschalten oder sogar ganz den Dialog übernehmen, kann man - vor dem Hintergrund der Vielzahl der Begleiter, die es gibt - nur erahnen, welche Textmengen die Spielautoren hier produzieren mussten. Davor kann man nur den Hut ziehen.

- Demgegenüber scheint es keine Begleiterpärchen mehr zu geben oder diese sind jedenfalls seltener. Auch nachdem Minsk Aerie als seine neue "Hexe", deren Beschützer er nun ist, angenommen hat, kann man ihn allein aus der Gruppe entlassen, ohne dass Aerie ihm folgt.

- Die Begleiterquesten sind - anders als in BG I - zuende gedacht und eingebaut. Während sie dort fast alle enttäuschend verliefen, sind sie in BG II ein Quell der Spielspannung. Problematisch ist allerdings, dass gerade sie häufig zeitgebunden sind oder dies nicht auszuschließen scheint.

Dass am Anfang in Atkatla viel zu viele eilige Questen parallel begonnen werden, habe ich in den Spielberichten ja schon mehrfach kritisiert. Die Begleiterquesten haben daran einen hohen Anteil.

Sie bergen aber noch eine andere Problematik: Dadurch, dass man nie sicher weiß, ob eine Begleiterqueste abgeschlossen ist (aktuell bei mir Jaheira, die, ohne dass ein Tegbucheintrag zu einer offenen Queste existiert, ganz offensichtlich noch in dem Harfner-Konflikt ist, oder auch Nalia, bei der unklar ist, ob da im Hinblick auf die Roenals, die ein Anwesen in Atkatla haben, und das Ratsverfahren um ihre Festung, das ja anscheinend läuft, noch etwas kommt oder ob das alles nur für Kämpfer mit dem de'Arnise-Stronghold eine Rolle spielt) bzw. noch eine neue aussteht und dass zudem unklar ist, wie es sich auswirken würde, wenn man einen Begleiter während aktiver Begleiterqueste aus der Gruppe entlässt, entstehen - jedenfalls bei mir - Hemmungen, die Gruppenmitglieder mal durchzuwechseln mit anderen Begleitern, die sich anbieten. Das ist eine etwas unschöne Situation, jeenfalls wenn man nach Mögluchkeit nichts verpassen will.

Ebenso ist es, wen man möglichst viel mitnehmen will, etwas schwierig mit der Acquirierung der Begleiterquesten. Manche Begleiter bringen ihre Queste gleich von Anfang an mit (Nalia, Korgan). Das ist aber nicht immer so (siehe Jaheira, Aerie). Nun kann man aber ja aus dem Spiel heraus nicht voraussehen, wann, wo und unter welchen sonstigen Gegebenheiten ein Begleiter seine Begleiterqueste startet bzw. diese - z.B. von einem Boten, wie bei Aerie - gestartet wird.

Aus diesem Grunde habe ich auch eine Änderung in meinem bisherigen Vorgehen bei diesem Spieldurchlauf beschlossen:

Bislang war es immer mein Anliegen, so wenig wie möglich vorab in externen Lösungen zu lesen, um Questen selbst lösen zu können und einen möglichst unverfälschten (fast, da ich von dem einen Spieldurchlauf mit dem Kämpfer vor circa 20 Jahren kaum etwas erinnere) Ersteindruck zu erhalten. Das werde ich größtenteils beibehalten, jedoch eine wesentliche Ausnahme machen. Ich werde demnächst zu den Begleitern in der Baldur's Gate Wiki nachschauen, ob die bereits angetroffenen Begleiter Questen haben und wie deren Startvoraussetzungen sind. Den Inhalt und Ablauf der Questen werde ich mir nicht vorab durchlesen. Es gibt dort aber, wenn ich das richtig gesehen habe, auf der jeweiligen Seite zu einem Begleiter immer eine Rubrik "Quests" und bei der jeweiligen Queste am Anfang dann einen Abschnitt, in der steht, wie sie gestartet wird. Wenn ich nur den lese, sollte es das ermöglichen, die Begleiterquesten gezielt anzusteuern, um möglichst wenig zu verpassen, ohne ihren Inhalt vorwegzunehmen. Das erleichtert dann die Planung sowohl des Vorgehens (Reihenfolge der Questen) als auch der Gruppenzusammensetzung (Welcher Begleiter wird aktuell gebraucht bzw. darf zurückgelassen werden? Welchen Begleiter sollta man nochmal für seine mitnehmen, auch wenn man ihn sonst nicht bräuchte?).


Nun noch ein paar Worte der Zwischenbewertung von BG II:

Mir gefallen die Grafik und die jeweils szenengerechte musikalische Untermalung sehr gut. Die lieblichen Töne in den Behausungen der Reichen, die orientalisch angehauchte, an einen Bazar erinnernde Musik auf Waukeens Promenade oder die atemlos und etwas donnernd klingende Kampf-Untermalung passen sehr gut und unterstreichen die Spielatmosphäre treffend. Die Gestaltung der Gebäude außen und innen sowie der Dungeons ist größtenteils abwechslungsreich und hübsch anzusehen; oft auch nicht nur statisch.

Es gibt eine Unmenge von NPC mit vielen Gesprächsinhalten, teils einfach nur Anekdoten oder Kuriositäten. Das gibt dem Spiel sehr viel Lebendigkeit.

Fast schon etwas Überhand nimmt die Vielzahl an Questen, mit denen die Helden bei nahezu jedem Schritt in der Stadt konfrontiert werden. Es entsteht das Gefühl, keinen Schritt tun zu können, ohne in eine neue dringliche Angelegenheit hineingezogen zu werden. Das ist der Grund dafür, weshalb die Helden in meinem aktuellen Durchlauf noch nicht einmal alle Stadtviertel von Atkatla gesehen habe, obgleich schon 20 Ingame-Tage vergangen sind. Ganz Atkatla scheint nur auf die Ankunft einer schlagkräftigen Gruppe wie den Helden, die endlich die vielen Probleme löst, gewartet zu haben.

Demgegenüber scheint mir das Reise-System in BG II - das sich von dem in BG I zumindest unterscheidet - tendenziell etwas unterentwickelt zu sein. Sicherlich kann ich das noch nicht abschließend beurteilen, da bislang einfach noch keine Zeit für viele Reisen ins Umland war. Aber es zeigt sich bereits, dass anders als bei BG I nicht jeweils angrenzende Landstriche nacheinander besucht und erkundet werden (was dort auch zu teils unmotivierten, ingame grundlosen Besuchen von Gebieten führte, einfach weil sie da waren), sondern nur solche, für die es einen konkreten Reisegrund gibt. Das sind bislang nicht allzuviele für die augenscheinliche Größe der Umlandkarte. - Umgekehrt kann man natürlich positiv sagen, dass die Spieleautoren, obgleich sie ein Stadt-Abenteuer kreieren wollten, anders als Attic bei "Schatten über Riva" das Reisen immerhin nich völlig ausgespart, sondern einen Kompromiss zwischen 'Schwerpunkt auf dem Städtischen' und 'Erhalt eines gewissen Maßes an Umlandreisen' gefunden haben.

Bei der Geschichte des Spiels bin ich mir noch nicht so sicher, ob sie mir gefällt. Einerseits besagt der Vorspann, dass die Helden entführt wurden und dabei völlig chancenlos waren. Andererseits soll Irenicus gesucht und bezwungen werden. Die am Beginn stehende völlige Ohnmacht der Helden und Übermacht des Gegenspielers, dem dann aber sogleich nachgejagt werden soll, finde ich, ohne dass es einen Plan gibt, weshalb man ihm das nächste Mal etwas entgegen zu setzen haben sollte, begrenzt glücklich.

Zudem ist einerseits die Lage sehr eilig und bedrohlich: Imoen ist entführt worden und gelangt absehbar bald in die Hände von Irenicus, wenn sie das nicht schon ist. Andererseits nimmt man Aufträge an, die Reisen in die Umar-Hügel, die Windspeer-Hügel oder nach Handelstreff erfordern, baut sich eine Diebesgilde auf etc. pp. Diese vielfältige, absehbar monatelange Tätigkeit, die auch nichts mehr mit dem Zusammenbekommen der 15.000 GM für Gaelan Bayle zu tun hat (die waren schon nach dem ersten Durchlauf der Slums beisammen), steht ein wenig im Widerspruch zur Dringlichkeit der Situation um Imoen. Nun könnte man einwenden, dass dies ja die Entscheidung des Spielers ist. Das mag schon sein. Nur zeigt einem das Spiel ja bei jedem Schritt, dass man kaum Herr der weiteren Entwicklungen ist, wenn man erstmal irgendetwas anstößt bzw. anfasst. Ist es also wirklich sinnvoll, in Kapitel 3 überzugehen, bevor man überhaupt die Stadt fertig erkundet, das eigene Stronghold gesichert und die nächstliegenden Questen erledigt hat? Verpasst man dann nicht vielleicht eine Menge? Diese Gefahr scheint zumindest zu bestehen, so dass es einen Anreiz gibt, die Haupthandlung - obgleich ingame eigentlich dringlich - nicht allzu schnell voranzutreiben. Das hätte man vielleicht doch besser lösen können.


Abschließend sei gesagt, dass ganz irdisch mein Urlaub zuende ist. Es wird nun wieder geraume Zeit dauern, bis es mit den Spielberichten weitergeht. Das bedeutet aber nicht, dass ich nicht über das Spiel allgemein mitdiskutieren könnte, wenn es dazu Meinungsäußerungen gibt.
"Haut die Säbel auffe Schnäbel."
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Baldur's Gate 2: Spielmechanik, Strategien, Unterschiede zu BG I, Bewertungen u. a. - von Zurgrimm - 30.09.2023, 11:13



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