Zeit für eine Konsolidierung
Der Spielansatz
Dieses Spiel ist kein Durchlauf einer alten Computer-Rollenspiel-Trilogie – es ist eine Erzählung, die das Medium Spiel als Bühne nutzt. Die Nordland-Trilogie wird hier nicht als technische Herausforderung verstanden, sondern als Raum für eine Geschichte, die sich über Figuren, Entscheidungen und Atmosphären entfaltet. Die Spielmechanik ist dabei Mittel, nicht Ziel; sie strukturiert, aber sie bestimmt nicht.
Im Mittelpunkt steht eine klar umrissene Heldengruppe: eine Magierin und fünf Zwerge, deren Zusammensetzung ungewöhnlich, aber erzählerisch schlüssig ist. Die Charaktere wurden nicht erschaffen, um das Spiel zu besiegen, sondern um es zu beleben. Jeder von ihnen verkörpert einen Teil des Gleichgewichts zwischen Ratio und Instinkt, Disziplin und Sehnsucht, Beständigkeit und Wandel. Ihre Fähigkeiten sind Werkzeuge ihrer Persönlichkeit, nicht bloß Zahlenwerte.
Das Spiel folgt keinem linearen Questablauf, sondern dem Gedanken einer Reise. Orte, Ereignisse und Begegnungen werden nicht einfach abgearbeitet, sondern zu erzählerischen Etappen verwoben. Rastzeiten, Wetter, Verluste oder unerwartete Zufälle haben Gewicht – sie sind nicht Hindernisse, sondern Teil des Rhythmus. Jede Region hat ihre eigene Stimmung, jede Strecke ihren Sinn. Die Spielwelt wird dadurch nicht zum Hintergrund, sondern zum Mitspieler.
Entscheidend ist die Haltung: Rollenspiel vor Regelspiel. Charaktere entwickeln sich aus innerer Logik, nicht aus Erfahrungspunkten. Ein Talent wird gesteigert, wenn es zu einer erlebten Erfahrung passt; eine Waffe getragen, wenn sie zur Geschichte des Trägers gehört. Magische Gegenstände werden nicht als Beute, sondern als Symbole behandelt – sie stehen für Wendepunkte, Erkenntnisse oder Prüfungen.
Das Spiel ist auch eine Übung in Reduktion. Mechanische Perfektion – optimierte Werte, bestmögliche Ausrüstung – tritt hinter erzählerische Plausibilität zurück. Fehler, Rückschritte und Verluste gehören dazu, weil sie den Figuren Tiefe geben. Eine nächtliche Rast kann wichtiger sein als ein Sieg im Kampf, ein Gespräch bedeutungsvoller als ein gefundenes Artefakt.
So entsteht eine Form des Spielens, die man als narrativ-strukturierten Realismus beschreiben könnte: Die Regeln bilden das Skelett, doch das Leben kommt aus den Zwischenräumen – aus Pausen, Routinen, Dialogen und Entscheidungen, die nicht der Effizienz, sondern dem Sinn folgen.
Das Ergebnis ist kein Powerplay, sondern eine Chronik. Eine Geschichte von sechs Reisenden, die durch eine Welt ziehen, die älter ist als sie, und deren Spuren mehr erzählen als ihre Siege. Ein Spiel, das nicht nur gespielt, sondern erlebt wird – Schritt für Schritt, Tag für Tag, wie eine lange, atmende Saga.
Hintergrund der Charaktere und der Gruppe
Die Gruppe formierte sich über Umwege und Zufälle, wie sie nur das Leben – oder ein guter Spielleiter – hervorbringen kann. Am Anfang stand Althea, eine junge Magierin aus einer wohlhabenden Händlerfamilie in Beilunk. Sie war in einer Welt aus Komfort und Möglichkeiten aufgewachsen, hatte sich aber nie sonderlich für das Geschäft ihres Vaters interessiert. Als sich ihre magische Begabung zeigte, wurde sie an die Artefaktakademie von Kunchom geschickt – nicht aus Überzeugung, sondern weil es für ihren Vater das geringere Übel war. Nach Abschluss ihrer Ausbildung sandte er sie mit einem seiner Schiffe auf eine Reise um den Kontinent, um einen seiner Geschäftspartner im fernen Norden, in Thorwal, zu besuchen. Vielleicht hoffte er, dass seine Tochter auf diese Weise doch noch den Weg in die Geschäfte der Familie finden würde.
Althea besitzt eine natürliche Ausstrahlung und eine leichte, anmutige Art. Die Lehren der Akademie haben ihr ein scharfes Auge für Wert und Handwerk gegeben, doch im Herzen bleibt sie eine Träumerin – eine Romantikerin, die in alten Sagen und Liedern die Sehnsucht nach etwas Größerem spürt. Sie ist Mittelpunkt der Gruppe, aber nicht durch Befehl, sondern durch Gravitation. In ihr verbinden sich Verstand, Herkunft und Emotionalität zu einem leisen, aber bestimmenden Zentrum.
An ihrer Seite steht Furka, ein junger Zwerg aus dem Haushalt ihres Vaters. Als Handwerksgeselle, Hausmeister und Vermittler zwischen Mensch und Angroschim hatte er viele Aufgaben übernommen. Er hat Althea von Kindheit an gekannt, und zwischen beiden entwickelte sich ein beinahe geschwisterliches Band. Als Althea nach Abschluss ihrer Studien in Kunchom aufbrach, schickte ihr Vater Furka auf einer der Koggen der Handelsgesellschaft los, um sie auf dieser Reise zu begleiten und sicher zurückzubringen. Furka ist bodenständig und praktisch, aber auch spontan und lebenslustig – das Herz der Gruppe, das ihr Leichtigkeit verleiht, wenn die Schwere des Weges zu drücken beginnt.
Alsbald trafen die beiden in einem Hafen auf drei zwergische Brüder – Keldi, Hurdin und Tondar. Sie entstammten einer Minengemeinschaft, die nach Jahren des Abbaus erschöpft war. Auf der Suche nach neuer Arbeit und einem Hauch Abenteuer waren sie in die Welt der Menschen gezogen, wo sie schließlich in einer Hafenkneipe auf Althea und Furka trafen. Eine durchzechte Nacht, eine Schlägerei zwischen Seeleuten und Flussschiffern – und am Ende standen sie Seite an Seite.
Seitdem reisen sie gemeinsam. Keldi, der Wachsamste der drei, hat ein untrügliches Gespür für Gefahr und das, was sich zwischen den Zeilen eines Augenblicks verbirgt. Er ist die Achse der Zwerge – ein Stratege mit Klarheit, Kampfgeist und Unerschrockenheit, der Verantwortung nicht scheut. Er sieht Althea und Furka als die Jüngsten der Familie und verhält sich ihnen gegenüber mit stillem, aber beständigem Beschützerinstinkt.
Hurdin, der Stille, ist das Fundament. Er redet wenig, trägt viel und handelt entschlossen. In ihm liegt eine tiefe Beständigkeit, die weniger aus Härte als aus innerer Ruhe entsteht. Er hat gelernt, seine eigenen Wünsche zurückzustellen, um andere zu schützen – nicht aus Pflicht, sondern aus Überzeugung.
Tondar schließlich ist der Verlässlichste. Ein oberirdischer Zwerg mit Sinn für die Welt über dem Stein, verbunden mit der Natur, ruhig und aufmerksam. Er ist weniger laut als präsent – jemand, der durch Tun statt durch Worte wirkt. In seiner Beständigkeit und seinem wachen Gespür für die Welt liegt eine leise Kraft, auf die sich alle verlassen.
„Drei verlorene Zwerge“, schrieb Althea einmal in ihr Tagebuch, „und wir haben sie gefunden.“
Der letzte, der sich der Gruppe anschloss, war Archon – ein stiller und zurückgezogener Zwerg, der in der Hafenstadt Havenna an Bord kam. Er suchte eine Schiffspassage, nicht mit einem Ziel, sondern mit dem Wunsch, irgendwo anders zu sein. Er ist das Andere, das Ungewöhnliche – ein urbaner Zwerg, der die Welt mehr beobachtet, als dass er sich in ihr bewegt.
Abends sitzt er abseits, häufig über einem Buch ... oder eingehüllt in den Rauch seiner Pfeife. Er redet wenig über seine Vergangenheit; eigentlich redet er überhaupt wenig. Doch wenn er spricht, dann mit einer Präzision, die aufhorchen lässt. Für Althea ist er zu einem Spiegel geworden, für die Zwerge zu einem Rätsel. Er sucht kein Ziel, sondern eine Richtung. Und vielleicht liegt gerade darin seine Ruhe.
Mit der Zeit wurde er Teil der Gruppe – nicht durch Vertrauen, sondern durch Gleichklang. Er ist älter als die anderen, vielleicht weiser, und besitzt eine stille Autorität, die man nicht bemerkt, bis man sie braucht.
So wurde aus Zufall Bindung, aus Zweck eine Gemeinschaft. Eine Familie aus verlorenen Seelen, die sich gegenseitig gefunden hat.
Charakterisierung der Charaktere und der Gruppe
Althea ist der Kopf der Gruppe – nicht durch Befehl, sondern durch das leise Gewicht ihrer Persönlichkeit. Sie ist neugierig, idealistisch und intuitiv, mit einem Charisma, das eher wirkt als spricht. Ihre Stärke liegt darin, zu verbinden: Verstand, Herkunft und Gefühl. In ihr fließen die Linien der Gruppe zusammen – Magie, Organisation und Menschlichkeit. Sie ist mächtig, aber verletzlich; ein Mittelpunkt aus Licht, das eher anzieht als befiehlt.
Furka ist das Herz der Gruppe. Seine Lebensfreude, sein Humor und seine Warmherzigkeit sind das Gegengewicht zu Altheas Nachdenklichkeit. Er verkörpert den Fluss des Lebens – das Spielerische und das Praktische zugleich. Wo andere planen, improvisiert er; wo andere verzagen, lacht er. Seine größte Gabe ist Leichtigkeit – die Fähigkeit, das Dunkel kurz vergessen zu lassen, ohne es zu leugnen.
Keldi ist die Achse der Zwerge – der Stratege und Wegweiser, der Richtung gibt, wenn andere den Blick verlieren. Er denkt in Zusammenhängen, wägt ab und handelt, wenn es sein muss. Er sieht Althea und Furka als die Jüngsten der Familie und übernimmt instinktiv Verantwortung. In seiner Klarheit liegt Sicherheit, in seinem Zweifel Menschlichkeit. Er ist der, der steht, wenn andere schwanken.
Hurdin ist das Fundament. Der Schweigsame, der Stille, der Träger. Er tut, was getan werden muss, ohne Aufhebens. Seine Stärke ist nicht Härte, sondern innere Standhaftigkeit – das ruhige Wissen, dass Lasten getragen werden können, wenn man sie nicht zählt. Er ist das, worauf alles ruht, und bleibt selbst dann unbewegt, wenn die Welt ins Wanken gerät.
Tondar ist der Verlässlichste – ein Zwerg der Oberfläche, verwurzelt in den Rhythmen von Natur und Zeit. Er ist aufmerksam, geduldig, beständig. Er spricht wenig, aber er hört, und er handelt ohne Eitelkeit. In seiner unaufgeregten Art liegt Ruhe, in seiner Gegenwart ein stilles Gleichgewicht. Er ist die Konstante, die keiner bemerkt, bis sie fehlt.
Archon ist der Chronist und das Andere zugleich – der Beobachter, der schweigt, aber alles sieht. Er urteilt nicht, er erinnert. Seine Distanz ist keine Kälte, sondern seine Form der Verantwortung. Er sucht kein Ziel, sondern eine Richtung. In seiner Gegenwart verliert selbst das Schwere an Schärfe, und das Vergangene wird zu etwas, das bleiben darf.
Diese sechs Gefährten bilden keine Heldengemeinschaft im klassischen Sinn, sondern ein Gleichgewicht aus Gegensätzen, das sich über Erfahrung, Vertrauen und Verlust geformt hat. Altheas Intuition hält die Richtung, wo Verstand allein nicht reicht. Keldis Linie schützt vor dem Verlaufen im Zweifel. Tondars Ruhe gleicht Furkas Unruhe aus. Hurdins Schweigen erdet, wo Worte zu viel wären. Und Archons stille Präsenz bewahrt, was sonst im Lärm der Welt verloren ginge.
Was sie verbindet, ist weniger ein gemeinsames Ziel als ein stilles Einverständnis – das Wissen, dass keiner für sich allein bestehen würde. Sie sind keine Familie, und doch etwas, das ihr am nächsten kommt: eine kleine Gemeinschaft, die gelernt hat, dass Stärke nicht in Übereinstimmung liegt, sondern im Gleichgewicht.
Und so gehen sie weiter – jeder auf seine Weise, aber gemeinsam.
Funktion der Charaktere (und in der Gruppe)
Die Gruppe ist kein klassisches Rollenspiel-Konstrukt aus festen Archetypen, sondern ein organisch gewachsenes System aus ineinandergreifenden Rollen. Jeder Charakter erfüllt eine klar definierte Funktion – erzählerisch, taktisch und emotional – und kompensiert die Schwächen der anderen. Die Struktur folgt keinem starren „Tank–Heiler–Damage“-Prinzip, sondern dem Gedanken des Balance-Designs: Jeder ist in einem Bereich stark, in einem anderen verwundbar, und das Zusammenspiel dieser Ungleichgewichte erzeugt Stabilität.
Althea ist das Zentrum der Gruppe – ihr geistiger und emotionaler Fixpunkt.
Mechanisch ist sie die magische Schadensquelle und Entscheidungsträgerin, erzählerisch die Stimme, die den Kurs bestimmt. Sie verkörpert das Prinzip der Gravitation statt Befehl: Ihre Autorität entsteht durch Einfluss, nicht durch Anweisung. Ihre Hellsicht und Artefaktmagie verbinden Verstand (Analyse), Herkunft (Handelsdenken) und Emotionalität (Kunst und Musik) zu einer Gesamtperspektive, die der Gruppe Richtung gibt. In der Spielmechanik ist sie mächtig, aber verletzlich – ein klassischer „High-Risk/High-Impact“-Charakter, dessen Schutz Aufgabe der anderen ist.
Furka bildet das Herzstück des sozialen und handwerklichen Spielflusses.
Er ist Utility und Support-Charakter, mit Zugriff auf Schlösser, Fallen, Mechanismen und alle improvisierten Lösungen zwischen Kampf und Erzählmoment. Seine Spielfunktion liegt in Flexibilität und Initiative – er überbrückt Pausen, glättet Brüche, initiiert kleine Chancen. Im Gruppengefüge steht er für Bewegung und Leichtigkeit: das, was verhindert, dass Planung in Starre umschlägt. Er ist die Seele der Gruppe, der das Menschlich-Warme einbringt, wenn die Welt zu technisch oder zu düster zu werden droht.
Keldi ist die Achse der Zwerge – der natürliche Fixpunkt im taktischen Spiel.
Er fungiert als Frontliner und Koordinator, der Gegner bindet, Formation hält und Entscheidungen im Kampf kanalisiert. Seine Stärke liegt im Vorausdenken, seine Schwäche im Übermaß an Verantwortung. Im System gleicht er Altheas Verletzlichkeit aus und stabilisiert die Gesamtlinie. Sein Beschützerinstinkt richtet sich vor allem auf Althea und Furka – die „Jüngsten der Familie“ – und prägt die emotionale Struktur der Gruppe ebenso stark wie die strategische. Er steht für Klarheit, Kampfgeist und Unerschrockenheit – das taktische Gewissen der Heldengemeinschaft.
Hurdin ist das Fundament – der physische Träger und sekundäre Tank.
Er sichert Durchhaltevermögen, Traglast und Verteidigungsfähigkeit und gleicht die Ausdauerdefizite der anderen aus. Seine Stärke liegt nicht in Härte, sondern in Beharrlichkeit und Standfestigkeit. Er verkörpert die stille, verlässliche Komponente im Gruppensystem: selten spektakulär, aber unverzichtbar für jede lange Reise, jedes Gefecht, jeden Wiederaufbau. Er ist das unerschütterliche Rückgrat – das Element, das bleibt, wenn alle anderen erschöpft sind.
Tondar ist der Jäger, Späher und Versorger – ein Hybrid aus Wildnisführer und taktischem Beobachter.
Er hält die Verbindung zwischen Bewegung und Sicherheit, versorgt die Gruppe in der Wildnis und erkennt Bedrohungen, bevor sie greifen. In der Kampfmechanik ist er beweglich, in der Erzählmechanik aufmerksam: Er steht für Beständigkeit in Taten, nicht in Worten. Seine oberirdische Prägung erlaubt ihm, in jeder Umgebung zu funktionieren, in der klassische Zwerge an ihre Grenzen stoßen. Er ist der verlässlichste der Gruppe, ein stabilisierendes Element auf leisen Sohlen.
Archon ist der Sonderfall – das steuernde Korrekturelement im System.
Er ergänzt, wo die Zwergenachse nicht reicht: analytisch, chemisch, moralisch. Er ist der Alchemist, Heiler und taktische Joker, der in Nischen eingreift, in denen keine feste Lösung vorgesehen ist. Sein Blick von außen ermöglicht narrative Anpassung – er kann durch Gifte, Tränke oder Wissen nahezu jede Situation in eine neue Richtung lenken. Spielerisch ist er die „freie Variable“: immer austauschbar, nie überflüssig. Er ist das Andere, das Ungewöhnliche, und sucht kein Ziel, sondern eine Richtung. Damit repräsentiert er die spielerische Steuerung innerhalb der Geschichte – das Werkzeug, mit dem sich die Erzählung dynamisch justieren lässt.
Im Zusammenspiel ergibt sich ein geschlossenes System:
Althea definiert Ziel und Fokus (Intention).
Keldi hält Linie und Struktur (Stabilität).
Furka erzeugt Dynamik und Anpassung (Bewegung).
Hurdin sichert Dauerhaftigkeit (Resilienz).
Tondar schafft Raum und Überblick (Umweltkontrolle).
Archon balanciert Unvorhergesehenes (Meta-Ebene).
Diese sechs Rollen greifen ineinander wie Zahnräder eines lebenden Systems – jede Schwäche ist einkalkuliert, jeder Bruchpunkt bewusst platziert. Das Spiel wird so zu einem Gleichgewicht aus Berechenbarkeit und Risiko: Eine kompakte, kontrollierbare, aber nie starre Formation – ein Modell von Stabilität durch Vielfalt.