09.04.2010, 22:45
(09.04.2010, 21:47)Rabenaas schrieb: Was da wohl für Gesetze bei rauskommen, wenn der Wahlkampf wieder vorbei ist?Das hängt wohl davon ab, wie die neue Regierung in NRW dann aussieht. Denn so wie ich das verstanden habe, entscheiden sich danach die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat. Bekommen Scharz-Gelb also eine Mehrheit, dann hat auch die Koalition auf Bundesebene "frei Tanzen". Wenn es aber für Schwarz-Gelb nicht reicht in NRW, tja, dann hat die Koalition auf Bundesebene auch keine Mehrheit jmehr im Bundesrat. Und das bedeutet, daß alle Zustimmungsgesetze nur noch mit Einverständnis der Opposition (oder zumindest eines Teiles davon) durchkommen.
(09.04.2010, 22:01)Boneman schrieb: Jetzt musst du nur noch den Part erläutern, inwiefern die Einführung des Euros als Beispiel für eine notwendige Maßnahme steht.Nein, es ist ein Beispiel, wo das Volk (im Nachhinein betrachtet) "falsch" entschieden hätte. Das kann genauso bei notwendigen Maßnahmen geschehen, wenn die momentane Stimmung - warum auch immer - eben dagegen steht. Im übrigen halte ich die Einführung des Euro für eine sehr wichtige Maßnahme im europäischen Prozeß. Aber das ist wieder ein anderes Thema.
(09.04.2010, 22:01)Boneman schrieb: Krieg ist - auch wenn es sich nur um "umgangssprachlichen" handelt (selten so einen Unsinn gehört) - selten populär und niemals notwendig.Es ist richtig, daß man allenfals umgangssprachlich von einem Krieg sprechen kann. Denn juristisch ist ein Krieg klar definiert. Zwar kenne ich die Definition jetzt nicht genau, aber jedenfalls müssen (mindestens) zwei Völkerrechtssubjekte gegeneinander kämpfen, also in der Regel zwei Staaten. Das ist hier nicht der Fall, da weder die Taliban noch Al-Kaida dieses Kriterium erfüllt. Ich finde eher das Beharren auf dem Begriff Krieg albern. Kriegsähnlicher Zustand, Kampfeinsatz etc., das reicht doch völlig, um den Ernst der Lage zu beschreiben.
Übrigens war Krieg teilweise sehr populär. allerdings meistens nur vor seinem Beginn, wenn dem Volk eine Siegesgewißheit vermittelt werden konnte. - Und auch notwendige Kriege gibt es. Damit will ich nicht sagen, daß die momentanen Auslandseinsätze dazugehören, aber pauschalen Pazifismus, wie ihn die PDS propagiert, halte ich auch für falsch.
(09.04.2010, 22:01)Boneman schrieb: Ich finde es auch legitim, wenn man man von einer Trägheit spricht. Vielleicht war mit "träge" genau das gemeint, von dem auch du sprichst und hier stehen nur unterschiedliche Namen für das gleiche Ding nebeneinander? Wenn man den Zeitraum zwischen zwei Wahlen betrachtet, kann man auch von einer Handlungsunfähigkeit des Volkes sprechen. Letztlich zählt hier das, was es bedeutet: Das Volk kann nichts dagegen tun. Oder geht es hier doch um mehr als um unterschiedliche Formulierungen?Trägheit hat für mich so einen negativen Beiklang, als sollte sich das Volk mal aufraffen. Und dem würde ich eher nicht zustimmen. Die "Handlungsunfähigkeit" zwischen zwei Wahlen ist demokratische Normalität und hat ihren guten Sinn. - Tatsächlich wird ja in Deutschland anerkanntermaßen viel zu oft gewählt, wenn man die Landes. und Kommunalebene miteinbezieht. Es ist eigentlich ein Unding, daß die Regierung schon wieder beinahe Handlungsunfähig ist, weil eine Landtagswahl bevorsteht. Sie sollte endlich Entscheidungen treffen (v.a. zur künftigen Einhaltung der Schuldenbremse).
(09.04.2010, 22:01)Boneman schrieb: Das klappt bei Einzelnen, warum also nicht auch bei allen? Zumal es ja nur um eine Mehrheit geht. Es ist wohl etwas schwieriger und mühseliger, aber machbar sollte das doch sein.Nein, das halte ich für utopisch. Letztlich führt sowas zum einen zu ständigem Wahlkampf und Manipulationsversuchen. Und zum anderen "denkt" das Volk in seiner Gesamtheit nicht in allen Punkten vernünftig genug. - Ich weiß, das ist jetzt nur eine Behauptung. Ich kann sie auch nicht belegen, außer mit dem Euro-Beispiel, wo das Volk eine Fehlentscheidung getroffen hätte. Dem Volk fehlt - gerade bei komplizierten Sachverhalten - der Weitblick. Der durchschnittliche Bürger denkt zuerst an sich und seinen Geldbeutel. Stell Dir vor, die Rentner hätten in Deutschland die Mehrheit (könnte irgendwann so sein bei unserem Demographischen Wandel). Würden sie wirklich einer Nullrunde bei den Renten zustimmen? Mehreren nacheinander? Einer Rentenkürzung? Würden sie eine in der aktuellen Lage notwendige Rentenerhöhung ablehnen? - Wenn die Menschen so verünftig wären, nicht egoistisch zu entscheiden, warum erhöhen sich dann Abgeordnete (wie übrigens auch Top-Manager) so gerne selbst die Bezüge?
Aber um es auch nochmal auf das Thema Krieg zu beziehen. Was ist, wenn es einen wirklich notwenigen Kampfeinsatz gibt (zur Sicherheit unseres Staates oder eines Verbündeten), dessen Notwendigkeit sich aber aus Geheimdienstinformationen ergibt, nicht aber klar zutage liegt (politisch hochbrisante Entwicklungen beginnen ja häufig im Verborgenen)? Dann KANN man dem Volk nicht die richtige Entscheidungsgrundlage vermitteln, ohne Geheiminformationen zu offenbaren. - Was ich damit sagen will ist: Über so wichtige Fragen, wie den einsatz der Bundeswehr müssen die bestinformierten Kreise entscheiden, nicht das Volk.
(09.04.2010, 22:01)Boneman schrieb: Stimmen die Menschen nach ausführlicher Aufklärung nicht zu, ist die Entscheidung Müll.Und wie war das in Irland, als es um den EU-Reformvertrag ging? Daß der zur Handlungsfähigkeit der EU dringend nötig war, war allen informierten Kreisen klar. Aber das Volk hat das erste Mal dagegen gestimmt. Die irische Lösung - so oft abstimmen, bis das Ergebnis paßt - ist wohl kaum als ideal zu bezeichnen, sondern eher als Umgehung des ersten Volksvotums. Da wäre es sinnvoller, das Volk bei solchen Entscheidungen gar nicht erst zu fragen.
Und wie war es zuvor in Frankreich beim Votum über die EU-Verfassung (als der Entwurf noch so hieß). Man ist sich einig, daß das Volk die Regierung für alles mögliche "abstrafen" wollte mit dem "Nein", nicht aber wirklich inhaltlich gegen die EU-Verfassung war.
So einfach, wie Du es beschreibst, ist es nur in der Theorie. Das Volk handelt nicht immer vernünftig, auch wenn die Informationen alle bekannt sind. Und was letztlich "gut für das Volk" sein wird, ist eine Frage, die ex ante betrachtet manchmal nicht zu beantworten ist. Heute findet das Volk eine Erhöhung der Hartz IV Sätze vielleicht gut. Aber wird es das in 50 Jahren noch gut finden, wenn uns die Schuldenlast erdrückt? Kann das Volk entscheiden, weche finanziellen Risiken man da eingehen kann?
(09.04.2010, 22:01)Boneman schrieb: Und jeder, der behauptet, dass das nicht möglich ist, hält die Leute letztendlich für dümmer als die "Elite" an der Spitze und darf somit meinen Beitrag weiter oben auch gerne auf sich beziehen - oder erklärt mir den Unterschied...Ja, in der Masse gesehen halte ich das Volk für "dümmer", als die informierten Entscheidungsträger. Ich will nicht sagen, daß ich nicht vieles, was in der Politik konkret passiert, als falsch empfinde. Ich rege mich privat auch über einiges auf. Aber ich möchte trotz allem lieber von unserer Regierung, als von unserem Volk unmittelbar regiert werden.
"Haut die Säbel auffe Schnäbel."