(08.04.2011, 22:21)Boneman schrieb: Auch hier: Ich weiß nicht, ob du damit "seriös <=> objektiv" implizieren wolltest, jedenfalls muss seriöse Berichterstattung nicht objektiv sein. Bei manchen Themen gibt es so etwas wie einen objektiven Standpunkt ja gar nicht. Man kann ruhig sehr subjektive Ansichten zeigen, solange man sich nicht auf eine Seite beschränkt, sondern möglichst alle existierenden Standpunkte zeigt.Nein, ich wollte nicht objektiv mit seriös gleichsetzen. Man kann subjektiv berichten, man muß es nur hinreichend kenntlich machen und nicht so tun, als würde man über objektive Fakten berichten, wenn man in Wahrheit mit subjektiven Empfindungen arugmentiert. Für die Frage, ob ein Bericht serös ist, ist es egal, ob er alle Sichtweisen berücksichtigt oder nur eine. Er muß es nur offen tun und seine (ausdrücklichen oder impliziten) Forderungen - so welche gestellt werden - entsprechend formulieren.
Nochmal: Es geht nicht darum, daß nicht über Emotionales berichtet bzw. nicht emotional argumentiert werden darf. Das muß nur richtig eingeordnet werden und darf nicht mit harten Fakten vermengt werden. - Und an der Stelle lasse ich mir auch nicht entgegenhalten, es gäbe keine harten Fakten, weil alles subjektiv sei. Es gibt eben im wirklichen Leben, also jenseits der Philosophie, schon objektive Fakten. Entweder der Sicherheitsabstand wurde eingehalten oder er wurde es nicht (oder man weiß es nicht), das ist ein jeweils Fakt. Daß die Menschen trotzdem Angst haben, ist auch ein Fakt. Wenn Anwohner A sagt, er kann nicht mehr ruhig schlafen, weil er Angst hat, das AKW geht in die Luft und seine Nachbarn und er haben schon immer einen Geigerzähler und Jod-Tabletten unter dem Bett liegen (frei erfunden), dann ist das eine emotionale Argumentation. Die kann man bringen, muß sie aber richtig einordnen und kann (ebenfalls frei erfunden) nicht sagen oder suggerieren: In der Nähe von deutschen AKW kann man schon heute nicht mehr ruhig schlafen und führt ein Leben mit ständig griffbereitem Jod und Geigerzähler. Und wenn man dann noch den Wissenschaftler XY einblendet, der sagt, daß bei einer Explosion des Reaktors zu erwarten ist, daß die radioaktiven Stoffe sich soundsoweit ausbreiten und davon auch das Dorf Z, in dem Anwohner A wohnt, betroffen sein würde und der eloquente Abgeordnete der Fraktion Die Linken dann sagt, die Regierung wisse schon lange um die Risiken dieses AKW und sei untätig und habe den Sicherheitscheck nicht richtig durchgeführt und eigentlich hätte das AKW schon vor seiner Inbetriebnahme wieder abgeschaltet werden müssen, dann wird eben eventuell der Eindruck erweckt, daß die Unsicherheit des AKW ein harter Fakt sei, obwohl hauptsächlich mit Emotionen Einzelner, wissenschaftlichen Banalitäten und politischen Außenseitermeinungen aus Kreisen der Opposition argumentiert wurde.
Das meine ich. Man muß alles richtig einordnen und sollte da snicht allein dem Zuschauer überlassen, sondern es in den redaktionellen Kommentaren schon tun. Dann ist der Bericht seriös.
Im übrigen halte ich Sachlichkeit in Diskussionen aller Art für grundlegend. Emotionales muß zwar ernst genommen werden, aber als sachlicher Fakt. Daß eine Mehrheit von Anwohnern Angst vor etwas hat, das ist dann eben auch ein einzubeziehender sachlicher Fakt. Aber gerade wenn es um Entscheidungen geht, wollen wir, daß die auf sachlicher Grundlage getroffen werden, nicht auf emotionaler.
"Haut die Säbel auffe Schnäbel."